Der mitarbeiterseitige Umgang mit negativen Kundenemotionen in Beratungs- und Verkaufsprozessen

Publication Type
Journal contribution (peer reviewed)
Authors
Preuninger, D., Büttgen, M.
Year of publication
2016
Published in
Marketing ZFP
Band/Volume
38/1
Page (from - to)
22-29
Abstract

Angenommen Sie arbeiten als Verkäufer in der Textilabteilung eines Kaufhauses. Sie befinden sich in einem Beratungsgespräch mit einer Kundin, die sich für ein Kleid interessiert. Um den Farbeffekt richtig abschätzen zu können, bittet die Kundin Sie, das Kleid im Tageslicht anschauen zu dürfen. Da es sich um eine langjährige Kundin handelt, ist das kein Problem. Daran, dass Sie vergessen haben, die Sicherung zu deaktivieren, erinnert die elektronische Alarmanlage und das herbeieilende Sicherheitspersonal. Die Situation erregt breite Aufmerksamkeit, und die anderen  Kunden starren die Dame vorwurfsvoll an. Das Ganze ist ihr sichtlich peinlich. Wie würden Sie als Verkäufer reagieren?
Obwohl es verschiedene Studien gibt, die Erkenntnisse darüber liefern, wie Probleme im Service und damit verbundene negative Kundenemotionen vermieden werden können (z. B. Gelbrich 2010, S. 576), treten diese gerade während Beratungs- und Verkaufsprozessen immer wieder auf (Kelley/Hoffman/Davis 1993, S. 445). Vor allem Ärger, Enttäuschung, Besorgnis und  Verlegenheit sind bei Konsumenten häufig vorzufinden (Laros/Steenkamp 2005, S. 1441).  Probleme im Service erzeugen nicht nur Unzufriedenheit und ein schlechtes Image, sie  beeinflussen auch das nachfolgende Kundenverhalten (Ladhari 2009, S. 323; Westbrook 1987,  S. 266). Ärger kann beispielsweise kundenseitige Rachewünsche wecken, die sich in negativer  Mundpropaganda oder in Form von Beschwerden äußern (Bonifield/Cole 2007, S. 95). Das  Verhalten enttäuschter Kunden ist dem der verärgerten ähnlich. Auch sie beschweren sich beim Unternehmen und berichten anderen über die schlechten Erfahrungen (Zeelenberg/ Pieters 2004, S. 452). Je stärker sich die Enttäuschung auf die Unzufriedenheit auswirkt, desto häufiger
wechseln die Kunden den Anbieter (Zeelenberg/Pieters 2004, S. 452). Ferner wirkt sich Angst auf das Kundenverhalten aus. Diese Emotion führt zu Ablenkungsversuchen, zur  Problemlösungssuche und zur Suche nach sozialer Unterstützung oder Emotionsunterdrückung (Yi/Baumgartner 2004, S. 314). Kunden, die in einem Beratungs- oder Verkaufsgespräch Peinlichkeit empfinden, neigen stark dazu, diesen Service nicht mehr zu nutzen (Grace 2009, S. 6). Zudem führt Verlegenheit bei etwa der Hälfte der Betroffenen zu negativer Mundpropaganda
(Grace 2007, S. 280). Die ökonomischen Konsequenzen für das Unternehmen sind offensichtlich: Umsatzeinbußen und ein schlechtes Unternehmensimage schmälern den Profit (Bruhn 2009, S. 66 f.; Sauerwein 2000, S. 22 ff.).
Um die nachteiligen Auswirkungen zu vermeiden, wurde in der Literatur untersucht, wie das Auftreten negativer Emotionen von Anfang an verhindert werden kann. Gelbrich (2010, S. 576) gelangt beispielsweise zur Erkenntnis, dass eine prospektive Erklärung Hilflosigkeit auf Kundenseite reduziert und dadurch Ärger und Enttäuschung abmildert oder verhindert. Da sich negative Emotionen aber nicht vollständig verhindern lassen, ist insbesondere die Frage nach  dem richtigen Umgang mit ihnen zu klären. Schlecht gelaunte Kunden reagieren besonders empfindlich auf unangebrachtes Mitarbeiterverhalten (Liljander/Mattsson 2002, S. 853). Wenn die Mitarbeiter beim Auftritt von negativen Emotionen richtig agieren, ist es dennoch möglich,  Kundenzufriedenheit am Prozessende zu erzielen (Menon/Dub´e 2000, S. 303). Demzufolge  übernehmen die Servicemitarbeiter eine entscheidende Rolle. Nach Smith/Bolton (2002, S. 19) erwarten die Kunden beim Auftritt von Problemen im Service am Prozessende einen materiellen  Ausgleich. Geeignete Mittel sind beispielsweise Rabatte oder Prämien (Gutscheine oder  Geschenke) (Smith/Bolton 2002, S. 19). Nach Wirtz/Mattila (2004, 162 f.) reicht in vielen Fällen  eine Entschuldigung und eine schnelle Fehlerbehebung als Wiedergutmachung aus.  Kompensationsleistungen können den Wiedergutmachungseffekt verstärken (Wirtz/Mattila  2004, S. 162 f.). Die beiden Studien unterscheiden jedoch nicht zwischen den verschiedenen Emotionstypen. Aufgrund der unterschiedlichen Auslöser und Charakteristika der einzelnen  Emotionen könnte eine spezifische Anpassung der Umgangsform wichtig sein (Bougie/Pieters /Zeelenberg 2003, S. 390).
Der Blick in die Literatur hebt die Relevanz von Kundenemotionen im Servicekontext hervor. Sie beeinflussen sowohl das gegenwärtige als auch das nachfolgende Kundenverhalten und tragen dadurch erheblich zum Erfolg des Unternehmens bei (Mattila/Enz 2002, S. 274 f.). Im Gegensatz zu den Konsequenzen von Emotionen ist kaum etwas über den korrekten Umgang mit ihnen  bekannt. Bisherige Studien sind auf der Suche nach geeigneten Umgangsformen zu wenig auf  die Emotionseigenschaften eingegangen, haben negative Emotionen im Gesamten betrachtet  oder nur eine einzelne Emotion, wie beispielsweise den Umgang mit Ärger, untersucht. Menon/ Dubé (2000, S. 303) liefern die Erkenntnis, dass Kunden nach dem Auftritt von positiven und  negativen Emotionen von den Mitarbeitern generell bestimmte Verhaltensweisen erwarten. Werden diese erfüllt, kann die Zufriedenheit trotz negativer Emotionen gesteigert werden.
Aufbauend auf diesen Überlegungen ist das Ziel dieser Studie, für häufig auftretende negative Emotionen in Beratungs- und Verkaufsprozessen un-/zufriedenheitsstiftende Umgangsformen  herauszuarbeiten und deren Wirkung auf die Kunden zu untersuchen.

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Involved institutions