Foto: Nikita Teryoshin

Nikita Teryoshin

Verden, Niedersachsen, Schau der Besten

Fernsehinterview mit der Gewinner-Kuh Lady Gaga bei der 43. Schau der Besten.

Rebecca Martin

Doktorandin am Fachgebiet „Tiergenetik und Züchtung“ der Universität Hohenheim

Auf Zuchtschauen beruht die Wahl zur „schönsten“ Kuh vorrangig auf Exterieur-Merkmalen, d. h. der äußeren Erscheinung. Lady Gaga wurde für ihr schönes Euter, eine gute Zitzenstellung sowie ein klares Fundament und breites Becken ausgezeichnet. Allerdings bedeutet dies nicht lediglich, dass die Kuh schön anzuschauen ist, sondern daraus ergeben sich vielerlei Vorteile hinsichtlich des Betriebsmanagements und vor allem der Tiergesundheit. 

Ein schönes Euter und die gerade Zitzenstellung erleichtern das Melken und beugen Eutererkrankungen wie einer Mastitis vor. Ein breites Becken vermindert das Risiko von Schwergeburten. Ein gutes Fundament beugt Klauenkrankheiten, Lahmheiten sowie Gelenkproblemen vor und bestimmt so maßgeblich die Langlebigkeit der Tiere.

Sara Dusel

Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Fachgebiet „Agrar- und Ernährungspolitik“ der Universität Hohenheim

Dieses Foto finde ich besonders in Verbindung mit dem Titel „Siegerinterview“ und dem Untertitel spannend. Die Kuh wird als Siegerin ins Fernsehstudio eingeladen und damit als wichtige Akteurin in Szene gesetzt. In unserer Forschung denken wir in eine ähnliche Richtung. Wir beschäftigen uns mit den Kosten und Nutzen von Politikmaßnahmen zur Verbesserung des Tierwohls, z. B. mit Regelungen zur Kälberhaltung. Dabei erforschen wir, wie Kosten und Nutzen aus Sicht der Tiere in Euro berechnet werden können – und nicht nur aus Sicht der landwirtschaftlichen Betriebe, wie es aktuell der Fall ist. Wie würde z. B. die Siegerkuh die Kosten und Nutzen ihrer Milchleistung bewerten? Wenn die Siegerkuh Geld hätte, wie viel würde sie bezahlen, um auf die Weide zu gehen? Solche Fragen versuchen wir auf der Grundlage von tierwissenschaftlicher Forschung und unter einer Reihe zusätzlicher Annahmen zu beantworten.Dadurch werden die Tiere zu eigenständigen wirtschaftlichen Akteur:innen, die in Kosten-Nutzen-Analysen selbststehend berücksichtigt werden können.

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Raoul von Schmettow

Bereichsleiter der Milchviehhaltung auf dem Meiereihof der Universität Hohenheim

Auktionen, Schauen und Messen sind nur ein sehr kleiner Teil im Leben von vergleichsweise sehr wenigen Milchkühen und haben mit den praktischen Gegebenheiten auf den Milchviehbetrieben wenig zu tun.

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Dr. Cornelie Jäger

Ehemalige Landesbeauftragte für Tierschutz mit Lehrleistung an der Universität Hohenheim

Wie schön wäre es, dieses Interview fände tatsächlich statt. Endlich könnte man erfahren, was Kuh sich wirklich wünscht, schätzt oder als Belastung empfindet. 

Leider müssen wir Umwege gehen und Signale übersetzen, um zu erfahren, ob es den Tieren wohl ergeht. Immerhin: Wir kennen zahlreiche Hinweise für ihr Befinden – tierbasierte Indikatoren und vieles mehr. 

Aber schauen, riechen und hören wir systematisch, ausreichend genau und häufig genug hin, um mitzubekommen, wie es ihnen geht? Offenbar nicht, wenn man betrachtet, wie früh eine Kuh im bundesweiten Durchschnitt an ihr Lebensende kommt und in unzähligen Fällen krankheitsbedingt geschlachtet wird. 

Ich finde, es ist unser dringender Auftrag, jedem einzelnen Tier in unserer Obhut – von dem wir auch noch vielfältigen Nutzen ziehen – viel mehr Aufmerksamkeit zu schenken, getragen von Sachverstand und Einfühlung.

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