Foto: Nikita Teryoshin

Nikita Teryoshin

Auf einer Rinderauktion in Krefeld

Ich bin nach Krefeld gefahren, um eine Rinderauktion zu fotografieren. Hier wird mithilfe verschiedener Tricks versucht, die Kühe schön herzurichten und besonders gesund und produktiv aussehen zu lassen. Angeklebte Zipfel, Topline und Haarschnitte gehören zum Programm. In einer Ecke der Halle fiel mir ein hagerer Mann ins Auge, der die etwas wundgeriebenen Hinterbeine seiner Kuh weiß ansprühte. Ich fragte, ob ich ein Foto machen dürfe – ein Detail von Hand, Dose und Kuh-Bein. Kein Gesicht, mehr ein Symbolbild. Der Mann erwiderte, dass er anstatt der erlaubten Kuh-Farbe doch tatsächlich Autolack nutze, was nicht ganz legal sei. Das sei prinzipiell aber kein Problem für ihn. Ich muss an den Vergleich einer hochgezüchteten deutschen Milchkuh mit einem Auto denken – und da wundert es einen dann doch nicht, dass auch mal Autolack zum Einsatz kommt.

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Prof. Dr. Ludwig E. Hölzle, Leiter des Fachgebiets „Infektions- und Umwelthygiene bei Nutztieren“ der Universität Hohenheim, Fachtierarzt für Mikrobiologie und Fachtierarzt für Tierhygiene

Vor Tierschauen und Auktionen sind die Züchter:innen natürlich bemüht, ihre Tiere möglichst gut aussehen zu lassen. Für dieses sogenannte Kuh-Fitting gibt es sogar Spezialisten, die man beauftragen kann. Diese bereiten die Kühe für die Veranstaltungen besonders vor (Waschen, Fellpflege, Klauenpflege, Scheren, Waschen und auch Verschiebung des Melkzeitpunkts).

Grundsätzlich ist maßvoll betriebenes Kuh-Fitting vertretbar und kann tierwohlgerecht durchgeführt werden. Problematisch wird es, wenn der ästhetische Aspekt und das Gewinnstreben über das Wohlbefinden der Tiere gestellt werden. 

So gibt es Dinge, die im Rahmen des Kuh-Fittings durchgeführt werden, die als illegal einzustufen sind, da das Tier sehr stark leidet und Schäden verursacht werden.

Sollte es sich bei der abgebildeten Spraydose tatsächlich um Autolack handeln, beginge der Mann eine Straftat im Sinne des Tierschutzgesetzes, die bei der unteren Veterinärbehörde, oder – falls nicht erreichbar – bei der Polizei angezeigt werden kann.

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Saskia Regorius, Studentin im Master-Studiengang „Transformation Management for Sustainable Agri-Food systems“ der Universität Hohenheim, Mitglied im Arbeitskreis Nachhaltigkeit

Es ist für mich schwer zu begreifen, dass ich einem Lebewesen Autolack auf eine Wunde sprühe, anstatt diese Wunden zu behandeln oder zumindest die zugelassene „Kuhfarbe“ zu nutzen. Dass dieses Verhalten gerade vom Besitzer durchgeführt wird, der das Tierwohl gewährleisten sollte, ist sehr kritisch.

Handelt der Besitzer so, weil er in finanziellen Schwierigkeiten steckt, die womöglich auf systemische Strukturen zurückzuführen sind? Oder liegt die Ursache seines Verhaltens darin, dass wir die Kuh bis ins Absurde und Skrupellose nur noch als kommerziellen Gegenstand sehen.

Wie gehen wir als Gesellschaft mit Lebewesen um, die uns Menschen von Nutzen sind? Könnten wir dem Wohl des Tieres mehr Bedeutung und somit dem Tier mehr Respekt zumessen?

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