Foto: Nikita Teryoshin

Nikita Teryoshin

Eine Mitarbeiterin der Universität Hohenheim greift in den Pansen einer Kuh. Die Öffnung der sogenannten Pansenfistel ist eine Verbindung des Pansens zur Außenwelt – im Namen der Wissenschaft. Der Mensch meint, die Kuh von innen und von außen durchdrungen zu haben.

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Prof. Dr. Jana Seifert

Leiterin des Fachgebiets „Funktionelle Mikrobiologie bei Nutztieren“ der Universität Hohenheim

Der direkte Einblick in den Pansen und zu einem Teil des Vormagensystems bietet für uns Wissenschaftler:innen einen enormen Gewinn, um das Zusammenspiel zwischen der Kuh und den Abermillionen Mikroorganismen zu erforschen, die sie in ihrem Verdauungstrakt beherbergt.

Aus der Forschung wissen wir, dass die Mikroorganismen im Verdauungstrakt einen immensen Einfluss auf das Tier haben. Das Wechselspiel zwischen Kuh und Mikrobiom bestimmt, welche Art von Futter sie wie gut verwertet, ob dabei Gase wie Methan entstehen, die das Klima beeinflussen, ob die Kuh anfällig für Krankheiten ist oder ob sie sich insgesamt wohlfühlt.

Dadurch hat sich ein großes Forschungsfeld eröffnet, das uns Antworten gibt, wenn wir Tierwohl und Tiergesundheit fördern wollen oder z. B. nach alternativen, ressourcenschonenden Futterquellen suchen. 

Vieles von diesem Zusammenspiel ist uns noch unbekannt. Dank der abgebildeten Öffnung kann die „Blackbox“ Pansen damit tiefergehend erforscht werden. Der durch die Öffnung gewonnene Panseninhalt kann für verschiedene Testverfahren verwendet werden, die wir „in vitro“, also im Labor durchführen. 

Diese Tests liefern einen ersten Erkenntnisgewinn über die Prozesse zum Futterumsatz und den beteiligten Mikroorganismen und reduzieren gleichzeitig den Einsatz von Versuchstieren.

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Christoph Albert

Verantwortlicher Versuchstechniker am Fachgebiet „Tierernährung“ der Universität Hohenheim

Wenn man mit und an der Kuh forschen will, ist ein ständiger Zugang zum Pansen sehr wichtig. Der Zugang ähnelt dem Stoma beim Menschen, also einem künstlichen Darmausgang. Er wird operativ eingesetzt. 

Für die Kühe ist der Zugang nach der Abheilung auch bei der hier gezeigten Probenahme schmerzfrei und stellt keine Beeinträchtigung dar. So hat die Kuh z. B. ruhig weiter gefressen, während dieses Bild gemacht wurde.

Der Hautbereich um die Einsätze wird täglich gereinigt, eingecremt und mit einem weichen Schaumgummi geschützt.

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Anna Struth

Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet „Nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen“ der Universität Hohenheim, Mitglied im Arbeitskreis Nachhaltigkeit

Mit dem Arbeitskreis Nachhaltigkeit haben wir vor einigen Jahren die Fistelkuh besucht – ein Erlebnis, das mich bis heute beschäftigt. 

Professor Markus Rodehutscord und eine Mitarbeiterin erklärten uns geduldig, wie die Fistel angebracht, gepflegt und genutzt wird. Nachdem ich im Bachelor viele Vorlesungen zu Ernährung und dem Verdauungstrakt von Kühen gehört hatte, war es faszinierend, all das einmal aus nächster Nähe zu sehen – und zugleich irritierend. Einerseits stand da die wissenschaftliche Neugier, andererseits das Unbehagen, dass hier ein Tier für Forschung genutzt wird.

Ich sehe Tierversuche sehr kritisch und bin auch in diesem Fall hin- und hergerissen. Was ich jedoch aus dem Besuch mitnehme, ist die Bedeutung offener Gespräche über schwierige Themen – und die Erfahrung, dass ehrliches Zuhören helfen kann, andere Perspektiven zu verstehen und Widersprüche auszuhalten.

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