Foto: Nikita Teryoshin

Nikita Teryoshin

Stuttgart, Universität Hohenheim

Pensionierte fistulierte Kühe auf einer Wiese auf dem universitätseigenen Hof in Hohenheim. Im Gegensatz zu den Kühen aus der Milchhaltung, die mit fünf bis sechs Jahren ins Schlachthaus kommen, dürfen sie hier in Ruhe alt werden − nachdem ihre Mägen über viele Jahre als Versuchsobjekte gedient haben. Die drei gleichen Abdeckungen an ihren Körpern muten futuristisch, gar dystopisch an und stehen im Kontrast zur blühenden, idyllisch wirkenden Landschaft.

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Christoph Albert

Verantwortlicher Versuchstechniker am Fachgebiet „Tierernährung“ der Universität Hohenheim

Das Bild zeigt drei unserer Versuchskühe, welche nicht mehr im Dienst der Forschung stehen und deshalb ihren Ruhestand auf der Weide verbringen. Dies ist mit etwa sechs Jahren der Fall. Danach kann eine Kuh gut und gerne noch sechs bis acht Jahre weiterleben.

Diese lange Zeit, die unsere „Pensionärinnen“ auf der Weide verbringen, zeigt auch, dass die Belastungen durch die Versuche und Probenahmen sehr gering sind. Die Forschungsthemen, die mit Hilfe der Fistelkühe bearbeitet werden, reichen von der Futterverwertung bis zur Reduzierung der klimaschädlichen Methanemission.

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Alexa Torres Boggio

Internationale Studentin im Studiengang „Agrarwissenschaften in den Tropen und Subtropen“ der Universität Hohenheim

Als meine Mutter, eine große Kuhliebhaberin, zum ersten Mal die fistulierten Kühe auf dem Campus sah, wandte sie sich mit großen Augen zu mir und rief: „Sie haben Löcher!“ 

Ich, frisch eingeschriebene Studentin der Agrarwissenschaften, schaute fasziniert zu. Mir kamen eine Million Fragen in den Sinn. Von der Infotafel erfuhren wir, dass durch diese Versuchstiere wertvolle Erkenntnisse über die Stoffwechselprozesse von Futtermitteln gewonnen werden können. 

Diese Begegnung inspirierte mich zwei Jahre später zur Wahl des Themas meiner Masterarbeit. Mithilfe des durch die Fisteln gesammelten Pansensafts untersuche ich die Proteinverdaulichkeit von Soja- und Rapsschrot im Labor („in vitro”) und vergleiche diese mit derjenigen aus „in vivo”-Versuchen, bei denen die Proben direkt aus dem Pansen der lebenden Kuh gesammelt werden.

Der erste Anblick der runden „Fenster” mag überraschend sein, dennoch gehören diese Kühe mittlerweile zum Alltag vieler Studierender und Spaziergänger in Hohenheim. Ich freue mich jedenfalls sehr über sie. Denn, wie ich, tragen sie zur Forschung bei.

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Denise Glatzel

Studentin im Master-Studiengang „Bioeconomy“ der Universität Hohenheim, Mitglied Arbeitskreis Nachhaltigkeit

Das Bild „Dreiergruppe Fistelkühe“ berührt einen alten Zwiespalt: Die wissenschaftliche Nutzung von Tieren erlaubt uns, tiefe Einblicke in ihre Anatomie und ihre Lebensweise zu gewinnen. Gleichzeitig macht sie die Instrumentalisierung eines Lebewesens sichtbar. 

An der Universität genießen die Tiere oft eine verlässliche Betreuung und ein langes Dasein. Dafür tragen sie eine anoperierte Öffnung. Man könnte es als Kompromiss sehen, der Fürsorge und Nutzenkalkül vereinbart. 

Befürworter verweisen darauf, dass die Wissenschaft so Erkenntnisse gewinnt, die die Fütterung verbessern, Leiden in Beständen reduzieren und Ressourcen schonen. Doch diese Debatte verfehlt meiner Meinung nach oft den Kern: Wir haben Tiere über Generationen auf Effizienz gezüchtet, ihre Lebensräume umgebaut und sie in Abhängigkeit gebracht – bis ihr „Wert“ primär funktional ist und ihr eigener Wille unsichtbar wird. 

Sinnvoll wäre meiner Meinung nach daher eine gesellschaftliche Neuausrichtung von Zuchtzielen, Konsum und Landwirtschaft, die Autonomie und ökologische Grenzen ernst nimmt. 

Die eigentliche Frage lautet: Wie verlassen wir eine Logik, die Tiere vor allem als Mittel behandelt statt als Wesen mit eigener Würde?

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