25 Jahre Pflicht zur Grundpreis-Angabe:
Hohenheimer Studie trug zur Einführung im Einzelhandel bei [19.08.25]
Eine Studie der Uni Hohenheim wies bereits 1991 auf unzureichende Preisangaben bei Fertigpackungen von Lebensmitteln und anderen Gütern des täglichen Bedarfs hin.
Ob Obstkonserve oder Waschmittelpackung: Griff man vor der Jahrtausendwende im Supermarkt zu einem Produkt, konnte man dem Preisschild in aller Regel nur den Endpreis entnehmen. Die Folge: Um das jeweils günstigste Produkt im Regal zu finden, mussten sich Verbraucher:innen wegen der unterschiedlichen Packungsgrößen die Grundpreise der Produkte selbst errechnen. Eine Studie an der Universität Hohenheim in Stuttgart im Jahr 1991 zeigte, dass dies bei der großen Zahl an Verpackungsgrößen kaum möglich war: Bei einem Einkaufstest gelang es nur einer von 20 Testpersonen, alle Rechen-Aufgaben korrekt zu lösen, und innerhalb von zwölf Einzeltests das kostengünstigste Produkt zu ermitteln. Die Hohenheimer Studie sorgte für Aufmerksamkeit bei den Verbraucherschutzverbänden. Neun Jahre später folgte eine gesetzliche Grundlage, die den schnellen Preisvergleich beim Einkaufen ermöglichte: Am 1. September 2025 jährt sich die Pflicht zur Grundpreisangabe bei Fertigpackungen von Lebensmitteln und anderen Gütern des täglichen Bedarfs zum 25. Mal.
Wer heute im Supermarkt einkaufen geht, kann den Preisschildern für ein Produkt in der Regel sowohl einen Endpreis entnehmen als auch einen Grundpreis – z. B. pro Liter oder pro 100 Gramm. Eine Praxis, die vor allem denjenigen Erleichterungen bietet, die die Preise mehrerer Packungsgrößen einer Produktgruppe vergleichen möchten.
Bis zur Jahrtausendwende war die Grundpreisangabe im Einzelhandel jedoch keine Selbstverständlichkeit, sagt Dr. Wolfgang Frey, der 1991 seine Promotion am damaligen Institut für Haushalts- und Konsumökonomik der Universität Hohenheim abschloss. „Grundsätzlich war der Einzelhandel zwar zu einer Angabe des Grundpreises verpflichtet – z. B bei losen Waren wie Obst und Gemüse. Für die vom Gesetzgeber für viele Warengruppen individuell definierten standardisierten Verpackungsgrößen war jedoch nur eine Endpreisangabe vorgeschrieben.“
Die Gesetzgebung argumentierte, dass sich die Verbraucher:innen den Grundpreis in diesen Fällen selbst ausrechnen könnten. Eine Annahme, die Dr. Frey aufgrund eines zunehmenden Angebots an Lebensmitteln in unterschiedlichen Packungsgrößen mit Skepsis betrachtet habe. „Ich wollte wissen, ob die geltenden Vorschriften ausreichend waren – und dies konnte ich im Rahmen meiner Doktorarbeit am damaligen Lehrstuhl für Konsumtheorie und Verbraucherpolitik tun.“
Überraschend viele Fertigverpackungen umgingen die Grundpreisauszeichnung
Für seine Studie untersuchte der studierte Diplom-Ökonom zunächst, wie verbreitet solche standardisierten – und von der Grundpreisangabe ausgenommenen – Verpackungen waren. „Hierfür habe ich mir die Situation innerhalb verschiedener Warengruppen angeschaut“, so Dr. Frey.
Das Ergebnis seiner Untersuchungen habe ihn verblüfft: Allein für Fischwaren konnte er rund 20 standardisierte Verpackungsgrößen identifizieren, die zum Preisvergleich umständlich umgerechnet werden mussten. „Es stellte sich heraus, dass die Hersteller und Einzelhändler fast ausschließlich die standardisierten Verpackungsgrößen anboten, um die Grundpreisangabe zu umgehen.“
20 Proband:innen traten in Hohenheim zum Einkaufstest an
Um zu testen, wie verbraucherfreundlich die damaligen Regelungen zur Preisangabe waren, führte Dr. Frey einen Einkaufstest durch. „Hierfür habe ich 20 Personen nach Hohenheim eingeladen, die regelmäßig in Geschäften des täglichen Bedarfs eingekauft haben.“
Die Test-Käufer:innen erhielten zwölf Aufgaben, in denen sie aus jeweils drei oder sechs unterschiedlichen Packungsgrößen jeweils das günstigste Produkt dieser Warengruppe ermitteln sollten. „Alles waren gebräuchliche Produkte in Fertigpackungen, die im Einzelhandel verbreitet waren. Dabei bestand zum Beispiel die Auswahl zwischen sechs verschiedenen Größen an Waschmitteln und drei unterschiedlich großen Reispackungen.“
Falsche Rechenergebnisse führten zu einem teureren Einkauf
Das Ergebnis: „Für den Kaufentscheid bei zwölf Produkten des täglichen Lebens benötigten die Testpersonen im Durchschnitt 19 Minuten.“ Durch falsche Rechenergebnisse beim Preisvergleich hätten viele von ihnen deutlich mehr Geld ausgegeben. „Im Durchschnitt hätten sie 7,5 Prozent mehr bezahlt“, so Dr. Frey.
Nur eine Probandin konnte alle zwölf Aufgaben korrekt lösen: „Ihre Rechenkünste waren wirklich beeindruckend. Für das Lösen aller Aufgaben benötigte allerdings auch sie eine halbe Stunde.“
Das Fazit des ehemaligen Doktoranden: „Der Einkaufstest zeigte, dass die Vielzahl der unterschiedlichen Standardpackungsgrößen, für die kein Grundpreis vorgeschrieben war, zur Überforderung führte.“
Verbraucherschutzverbände zu Gast in Hohenheim
Dr. Freys Studienergebnis wurde 1991 bundesweit kommuniziert – und stieß auf Interesse bei den Verbraucherschutzverbänden. Eine Delegation war in Hohenheim zu Gast: „Ich erfuhr über meinen Doktorvater Professor Gerhard Scherhorn, dass die Delegierten die Notwendigkeit einer grundlegenden Änderung der Preisangabenverordnung betont hätten. Und sie wollten ihren politischen Einfluss geltend machen, um diese herbeizuführen.“
Am 1. September 2000 trat eine gesetzliche Grundlage zur Grundpreisangabe bei Fertigpackungen in Kraft. „Diese Erleichterung ist für viele Verbraucher:innen inzwischen zur Selbstverständlichkeit geworden.“
Text: Moormann / Elsner
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