Politikstrategie Food Labelling.
- Publikations-Art
- Zeitschriftenbeitrag (peer-reviewed)
- Autoren
- Bauhaus, J., T. Becker et al.
- Erscheinungsjahr
- 2012
- Veröffentlicht in
- Berichte über Landwirtschaft
- Herausgeber
- Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
- Band/Volume
- Band 90/Nr. 1
- Seite (von - bis)
- 35-69
Zusammenfassung
Konsumenten sind in modernen Konsumgesellschaften mit einer Fülle ausdifferenzierter Produkte
konfrontiert, insbesondere auch bei Lebensmitteln. Die zugehörigen warenbezogenen Detailinformationen
können sie zumeist nicht einmal im Ansatz verarbeiten. Label sind in diesem Zusammenhang
für Konsumenten ein wichtiges Informationsinstrument, das mehrere Informationen bündeln
kann und deshalb zur Produktbeurteilung zumeist häufiger und früher herangezogen wird als
andere Informationen. Eine Schlüsselrolle können sie bei Vertrauenseigenschaften von Produkten
und Dienstleistungen einnehmen, da Verbraucher hier keine andere verlässliche Möglichkeit der
Information haben.
Damit Label jedoch zu einer informierten Konsumentscheidung beitragen, müssen sie einfach
verständlich sein, auf fundierten, nachgeprüften Kriterien beruhen und den Konsumenten bekannt
sein. Zudem dürfen sie nicht in einer Flut ähnlicher und z. T. missverständlicher Label untergehen.
Hinsichtlich der Anbieterseite ist unabdingbar, dass Label differenzierte ökonomische Anreize zur
kontinuierlichen Qualitätssteigerung setzen. Diesen Herausforderungen sind die europäische wie die
deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft und -politik bisher nicht hinreichend gerecht geworden.
Notwendig ist aus Sicht der wissenschaftlichen Beiräte eine langfristig ausgerichtete, konsistente,
möglichst EU-weit abgestimmte Food-Labelling-Strategie, die an einer integrativen Betrachtung
von Umwelt-, Ernährungs-, Verbraucher- und Agrarpolitik ansetzt und Food-Labelling in seiner
Komplexität auch im Kontext anderer Instrumente einbindet.
Für zentrale Vertrauenseigenschaften (Gesundheit, Umweltwirkungen, Soziales und Tierschutz),
die zunehmend für Konsumenten von Interesse sind, empfehlen die wissenschaftlichen Beiräte ein
fakultatives Dachlabel, in dem die vier benannten Kennzeichnungsfelder in einem mehrstufigen
Bewertungsansatz getrennt ausgewiesen werden. Durch ein Dachlabel soll eine leichte Erkennbarkeit
gewährleistet werden. Die Mehrstufigkeit erlaubt eine differenzierte Bewertung und setzt
Qualitätsanreize für die Anbieter. Durch die Konzentration (Aggregation) auf zentrale Kennzeichnungsfelder
ist eine hohe Übersichtlichkeit gewährleistet, insbesondere dann, wenn zugleich ein
Begriffsschutz durch ein Verbot von (irreführenden) Anlehnungen gewährleistet wird. Eine solche
Gesamtkonzeption ist nur als staatliches bzw. staatlich gestütztes Verfahren möglich, wobei die WB
für letzteres unter Einbezug von Interessengruppen plädieren. Besonders gute Voraussetzungen, ein
mehrstufiges Label im o. g. Sinne zu erproben, bieten sich derzeit hinsichtlich der Tierschutzanforderungen
in der Nutztierhaltung.
Nicht geeignet für das Dachlabelkonzept sind binäre Eigenschaften wie Zutaten, Herkunft Einsatz
von Gentechnik oder Nanotechnologien. Hier bietet die Empfehlung ein Entscheidungsraster zur
Einordnung des jeweiligen Kennzeichnungsfelds. Bei bestimmten Angaben, wie „ohne Gentechnik“
oder „von Bergbauern“, empfehlen die wissenschaftlichen Beiräte die Beibehaltung bzw. Einführung
der vorbehaltenen Angabe, die nur dann verwendet werden darf, wenn gesetzlich genau definierte
Bedingungen eingehalten werden. Zugleich ist auch hier durch ein Verbot von (irreführenden)
Anlehnungen für Begriffsschutz zu sorgen.
Bei privatwirtschaftlichen Labeln, Logos, Hinweisen auf Prüf- oder Überwachungssysteme
oder konkreten werbenden Aussagen zu Prozessqualitäten sollten, wie bei staatlichen oder staatlich
gestützten Labeln, entweder auf der Produktverpackung oder an der Verkaufsstelle Informationen
bereitgestellt werden, wo Verbraucher weitere Einzelheiten zum System finden können. Es muss
(z. B. im Internet) verpflichtend angegeben werden, wer das Label vergibt und wie die Vergabekriterien
und der Kontrollprozess ausgestaltet sind. Weiterhin sind die Unabhängigkeit der Prüfer und
die Kontrolle der Zeichengeber (z. B. durch Akkreditierung) sicher zu stellen und transparent auszuweisen.
Grundsätzlich sollte die Einhaltung oder