Klimaschutz: Biogas-Kleinstanlagen zur Güllevergärung  [06.02.24]

Gülle und Mist setzen klimaschädliches Methan frei. Das lässt sich weitgehend verhindern, indem man den Wirtschaftsdünger in Biogasanlagen vergärt. Doch vor allem für kleinere landwirtschaftliche Betriebe rechnete sich bisher der Betrieb einer solchen Anlage nicht. Das soll sich ändern: Mit der Aufgabe, wie auch dort möglichst kostengünstige, effiziente Biogas-Kleinstanlagen errichtet werden können, beschäftigen sich Forschende in einem Verbundprojekt unter Leitung der Universität Hohenheim. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit insgesamt 1,28 Mio. Euro gefördert, wovon rund 460.000 Euro die Arbeitsgruppe von PD Andreas Dr. Lemmer von der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie erhält.


In Deutschland ist die Landwirtschaft für über 59 Prozent der Methan- und 95 Prozent der Ammoniak-Emissionen verantwortlich. Die wichtigsten Methan-Quellen sind der Verdauungsprozess von Wiederkäuern und Emissionen durch die Lagerung von Festmist und Gülle, sogenannter Wirtschaftsdünger. Dabei hat Methan ein etwa 84-mal höheres kurzfristiges Treibhauspotenzial als Kohlendioxid. Zudem trägt es zur Bildung von bodennahem Ozon bei, das die menschliche Gesundheit beeinträchtigt, Pflanzen schädigt und ebenfalls den Klimawandel vorantreibt. Alles gute Gründe, um die Methan-Emissionen so schnell wie möglich deutlich zu reduzieren.

Ein vielversprechender Ansatz hierzu ist die Vergärung von Wirtschaftsdünger in Biogasanlagen. Dies hat gleich einen doppelten Klimanutzen: Zum einen werden gegenüber der Lagerung in einem offenen Behälter bis zu 90 Prozent der Methan-Emissionen verhindert. Zum anderen ist das produzierte Biogas ein wertvoller und flexibel einsetzbarer Energieträger, der fossile Ressourcen ersetzt und dadurch weitere Kohlendioxid-Emissionen einspart.

Aktuell werden jedoch erst rund 30 Prozent der in Deutschland anfallenden Güllemengen in Biogasanlagen verwertet. Vor allem in kleineren Viehbetrieben kann eine wirtschaftliche Biogasproduktion bisher nicht umgesetzt werden. Ziel des Verbundprojektes KLAWIR ist es deshalb eine standardisierte und kostengünstige Biogas-Kleinstanlagen zu entwickeln.

Diese Anlagen eignen sich für landwirtschaftliche Betriebe mit einem Tierbestand ab ca. 170 Großvieheinheiten und können dezentral Strom und Wärme bereitstellen. Sie verwenden eine einstufige Güllevergärung und basieren auf einem kostengünstigen, vollständig recyclierbaren Rührkessel-Fermenter, der in Holz-Sandwichbauweise gefertigt wird. Eine automatisierte Prozessdatenerfassung und -verarbeitung ermöglicht einen weitestgehend digitalisierten Betrieb. Weiterer Bestandteil des Anlagenkonzeptes ist ein System zur Wärmerückgewinnung.

So sollen Biogasanlagen in der Leistungsklasse von ca. 30-50 kW zu einem Gesamtpreis von weniger als 8.000 Euro je kW realisierbar sein. Die Sensorik, deren Internetanbindung sowie sämtliche sonstigen Komponenten werden dafür standardisiert und vormontiert geliefert, so dass die KLAWIR-Fermenter innerhalb von maximal drei Wochen errichtet werden können. Die vergleichsweise niedrigen Baukosten zusammen mit hohen Nutzungsgraden führen dazu, dass diese Anlagen wirtschaftlich betrieben werden können. Zudem besitzen sie ein sehr großes Übertragungspotenzial auf eine Vielzahl von landwirtschaftlichen Betrieben, nicht nur in Deutschland.

Projekt-Steckbrief

  • Titel: Kleine Anaerobanlagen zur Verwertung von Wirtschaftsdünger - KLAWIR
  • Fördersumme: insgesamt 1,28 Mio. Euro, davon 462.534 Euro für Hohenheim
  • Förderinstitution: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
  • Projektdauer: 1.10.2023 – 30.9.2026
  • Projekt-Beteiligte: Universität Hohenheim (Koordination), Technische Universität Dortmund, Live Energies GmbH, renergie Allgäu e. V.

Kontakt
PD Andreas Dr. Lemmer, Universität Hohenheim, Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie, +49 (0)711 459 22684, andreas.lemmer@uni-hohenheim.de


Schwergewichte der Forschung

Als „Schwergewichte der Forschung“ gelten herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 350.000 Euro bei den Experimental- bzw. 150.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.


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