Bienenforschung:
Landesanstalt reagiert verwundert auf Kritik an Projekt Fit Bee  [03.04.19]

Forschungsergebnisse des Projektes wurden in zahlreichen wissenschaftlichen Tagungen vorgestellt / Landesanstalt an der Uni Hohenheim suchte und sucht Austausch mit Kritikern

Bestäubende Insekten möglichst wenig Pflanzenschutzmitteln auszusetzen: so lautete ein Ziel des Innovationsprojektes Fit Bee, das die Landesanstalt für Bienenkunde der Universität Hohenheim in Stuttgart 2011 bis 2015 koordinierte. Ein Ergebnis: Die Entwicklung der sogenannten „DroplegUL-Technik“, die Spritzmittel v.a. in Raps unterhalb der Blüten ausbringt. Die Entwicklung stütze sich u.a. auf die Datenbasis von 9 Bachelor-, Master- und wissenschaftlichen Zulassungsarbeiten betont die Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim. Sie widerspricht damit einer Pressemitteilung des Imkerverbandes Rheinland-Pfalz e.V. vom 26. März, wonach das Projekt keine wissenschaftliche Datenbasis habe.


Bei dem Projekt „FIT BEE - Referenzsystem für ein vitales Bienenvolk“ handelte es sich um ein Verbundprojekt unter Koordination der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim. Von 2011 bis 2015 wurden im Gesamtprojekt die Wechselwirkungen zwischen Einzelbiene, Bienenvolk, Bienenkrankheiten und Umwelteinflüssen erforscht. Beteiligt waren insgesamt 14 Bieneninstituten und Unternehmenspartner. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) finanzierte das Projekt als sogenanntes Innovationsprojekt mit insgesamt 2,3 Mio. Euro. Davon flossen rund 500.000 Euro direkt an die Universität Hohenheim.

Als ein Ergebnis des sogenannten Modul 3 entwickelte die Landesanstalt für Bienenkunde ein biologisches Verfahren zur Varroabekämpfung und in Kooperation mit dem Spritzdüsenhersteller Lechler (Metzingen) die sogenannten „Dropleg-Düsen“. Damit ist es möglich, Pflanzenschutzmittel in blühenden Kulturen – insbesondere Raps – unterhalb der Blüten zu applizieren. So kann die Exposition der bestäubenden Insekten mit Pflanzenschutzmittel deutlich reduziert und die Abdrift in benachbarte Bestände erheblich eingeschränkt werden.

Diese Entwicklung wurde mit einem Europäischen Innovationspreis ausgezeichnet, die Düsen sind in vielen landwirtschaftlichen Betrieben bereits im Einsatz und deren weitere Verbreitung wird aktuell von Behörden, Bauernverbänden, dem Deutschen Imkerbund und dem Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbund nachdrücklich gefordert.


Pressemitteilung des Imkerverband Rheinland-Pfalz e.V.

In einer Pressemitteilung vom 26. März 2019 erhebt der Imkerverband Rheinland-Pfalz e.V. im Namen seines 2. Vorsitzenden Franz Botens die folgenden Vorwürfe:

  • Für die Empfehlung des Dropleg-Verfahrens gäbe es keine wissenschaftliche Datenbasis
  • Bei den Versuchen habe es keine Honigrückstandsuntersuchungen des Insektizids Thiacloprid gegeben
  • Die Kooperation mit der Firma Bayer als Produzentin des Insektizids Thiacloprid sei fragwürdig
  • Die Projekthomepage http://fitbee.net/ sei in Folge von kritischen Äußerungen des Imkerverbandes Rheinland-Pfalz e.V. vom Netz genommen worden

Richtigstellung der Landesanstalt für Bienenkunde

Aufgrund mehrere Vorgespräche mit dem Autor der o.g. Aussagen, bei dem ihm auch wissenschaftliches Material angeboten und zur Verfügung gestellt worden war, zeigt sich die Universität Hohenheim und ihre Landesanstalt für Bienenkunde über die die o.g. Pressemitteilung sehr verwundert. Zu den Aussagen äußert sie sich wie folgt:

  • Wissenschaftliche Datenbasis zur Empfehlung des Dropleg-Verfahrens: Die Daten zur Reduzierung des Wirkstoffeintrages wurden im Rahmen von insgesamt 9 Bachelor-, Master und wissenschaftlichen Zulassungsarbeiten an der Universität Hohenheim erhoben. Darüber hinaus wurden die Ergebnisse in zahlreichen öffentlich zugänglichen, wissenschaftlichen Tagungen vorgestellt und diskutiert, unter anderem in Tagungen der Bieneninstitute, der EURBEE-Kongresse und Workshops des JKI und den jährlichen Pflanzenschutztagungen. Die Landesanstalt für Bienenkunde hat dem Imkerverband Rheinland-Pfalz e.V. Ansicht angeboten und einige Zusammenfassungen bereits im Februar 2019 zugesandt.

  • Honigrückstandsuntersuchungen des Insektizids Thiacloprid: Zentrale Fragestellung des Projektes war weniger die Rückstände im geschleuderten Honig als die Exposition von blütenbesuchenden Insekten bei Sprühapplikationen in blühenden Beständen. Für diese Fragestellung sind Pollen- und Nektarproben und nicht Honigproben der entscheidende Parameter. Bei den Pflanzenschutzmitteln lag der Fokus auf den Fungiziden (Wirkstoff Azoxystrobin), die von Rapsanbauern seit Projektbeginn kontinuierlich eingesetzt werden, während Thiacloprid als Insektizid nicht jedes Jahr und nicht standardmäßig eingesetzt wird. Dennoch wurden in drei der o. a. Examensarbeiten auch Freiland- und Zeltversuche speziell zu Thiacloprid durchgeführt. Zusätzlich wurden und werden im Rahmen unserer Routine-Rückstandsanalysen Honigproben von Bienenvölkern, die an unterschiedlich behandelten Rapsfeldern stehen, vergleichend untersucht. Die jüngsten Ergebnisse hierzu werden in der Aprilausgabe 2019 von „Biene & Natur“ vorgestellt.

  • Kooperation mit der Firma Bayer als Produzentin des Insektizids Thiacloprid: Diese ergibt sich aus der Projektvorgaben des BMEL: Bei Innovationsprojekten ist die Beteiligung von Unternehmen zwingend erforderlich, da aus diesen Projekten Produkte und/oder Verfahren entwickelt werden sollen, die nach Projektende wirtschaftlich verwertet werden sollen. Im Modul 3 betraf dies die Firma Lechler und Bayer CropScience. Da die Universität Hohenheim an ihren Versuchsstandorten nicht über die entsprechende Infrastruktur für großflächige Zeltversuche verfügt, wurden - ausschließlich für diese Versuche - die Infrastruktur eines Bayer-Versuchshofes genutzt. Alle Versuche wurden von Mitarbeitern der Universität Hohenheim geplant und begleitet. Alle dabei gewonnenen Pollen- und Nektarproben wurden von der LUFA in Speyer auf die entsprechenden Pflanzenschutzmittel untersucht. Die Freilandversuche wurden ausschließlich von der Universität Hohenheim durchgeführt und ausgewertet. 

  • Projekthomepage http://fitbee.net/: Nach Abschluss des Projektes am 31.08.2015 war die Seite noch über drei Jahre in Betrieb. Da seither keine Aktualisierungen stattfanden, wurde die Seit am 21.2.2019 vom zentralen Webmaster der Universität Hohenheim vom Netz genommen. Nach Erscheinen der Pressemitteilung des Imkerverbandes Rheinland-Pfalz e.V. hat die Universität Hohenheim die Seite wieder zugänglich gemacht. Dauerhaft im Netz ist auch die Seite www.meinbienenstand.de, die als ein weiteres Ergebnis von Fit Bee zur fachlichen Beratung für Imkerei und Forschung entwickelt wurde.

Hinweis
In der Ursprungsversion dieser Pressemitteilung vom 3. April 2019 wurde der Imkerverband Rheinland-Pfalz e.V. versehentlich als Imkereiverband Rheinland-Pfalz e.V. bezeichnet. Dieser redaktionelle Fehler wurde am 12. April 2019 durch die Pressestelle der Universität Hohenheim korrigiert.

Text: Klebs

Kontakt für Medien:

Dr. Peter Rosenkranz, Universität Hohenheim, Landesanstalt für Bienenkunde,
T 0711/459 22661, E peter.rosenkranz@uni-hohenheim.de

Dr. Klaus Wallner, Universität Hohenheim, Landesanstalt für Bienenkunde,
T 0711/459 22662, E klaus.wallner@uni-hohenheim.de

Dr. Annette Schroeder, Universität Hohenheim, Landesanstalt für Bienenkunde,
T 0711/459 22678, E annette.schroeder@uni-hohenheim.de


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