Investiturfeier:
Künftiger Rektor Prof. Dr. Dabbert nimmt Amtskette entgegen [27.03.12]
Festakt mit Wissenschaftsministerin Theresia Bauer / Amtsbeginn am 1. April 2012 / Pressefotos und Redetext unter www.uni-hohenheim.de
Mit einer ersten programmatischen Rede nahm Prof. Dr. Stephan Dabbert heute die Amtskette als künftiger Rektor der Universität Hohenheim entgegen. Seine Kernthemen: die künftige Organisation und die wichtigsten Aufgaben für die Universität. Der Rat seines Vorgängers: „Setzen Sie neue Akzente“.„Ich erwarte von Ihnen neue Akzente für die vor uns liegenden Jahre“, so der scheidende Rektor der Universität Hohenheim, Prof. Dr. Hans-Peter Liebig zu seinem Nachfolger, Prof. Dr. Stephan Dabbert. „Die Erwartungen an das neue Rektorat sind hoch gesteckt: Führen Sie gemeinsam die Universität Hohenheim in eine erfolgreiche Zukunft.“
Begleitet von seinen Glückwünschen legte er seinem Nachfolger die Amtskette der Universität um. „Ich übergebe Sie Ihnen als äußeres Zeichen für die Führung in Verantwortung.“
Insgesamt waren gut 300 geladene Gäste zur Investiturfeier am heutigen Nachmittag erschienen. Wegen des starken Andrangs musste die Feier vom Schloss in das größere Euroforum verlegt werden.
UNTERSTÜTZUNG FÜR AUSBAU: SCHEIDENDER REKTOR APPELLIERT AN LAND
Statt eines langen Resümees betonte Prof. Dr. Liebig in seiner Rede vor allem ein Thema: Das Wachstum der Universität und der aktuelle Ausbau für die steigenden Studierendenzahlen. „In zehn Jahren hat sich die Zahl unserer Studierenden nahezu verdoppelt. Für die Zukunft werden 10.000 Studierende angestrebt“, so Prof. Dr. Liebig.
Für das Wachstum gäbe es zwei Gründe. „Rund 1.500 Studierende sind Teil des Ausbauprogrammes 2012. Der größte Zuwachs – rund 4.000 Studierende – stammen aus der gestiegenen Attraktivität und Nachfrage in anderen Studiengängen – vor allem in den Agrarwissenschaften.“
Möglich sei dieses Wachstum nur dank dem hohen Einsatz vieler Menschen. Deshalb habe die Universität auch den Leitspruch „2012 – gemeinsam Wachsen“ als Jahresthema gewählt. Das Jahresthema solle „die gemeinsame Anstrengung“ und „die gesamtuniversitäre Verantwortung“ würdigen – und den neuen Universitätsmitgliedern einen Gruß entbieten: „Die neuen Studierenden heißen wir dabei genauso willkommen wie die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Professorinnen und Professoren.“
Gleichzeitig sei das Wachstum eine große Herausforderung mit „noch nie da gewesener räumlichen Enge“ und „besonderer personeller Belastung“, vor allem für den akademischen Mittelbau. “Wir hoffen auf die Hilfe der Landesregierung, uns bei unserem nachhaltig angestrebten Ausbauziel zu unterstützen und vorhandene Engpässe zu mildern“, sagte Prof. Dr. Liebig.
Dabei bezog er sich vor allem auf Baupläne für einen großen Hörsaal, der dringend benötigt wird. „In den vergangenen Monaten haben wir entsprechende Gespräche aufgenommen. Ich wünsche meinem Nachfolger im Amt einen erfolgreichen Abschluss unserer Initiativen.“
DANK AN VORGÄNGER FÜR UNERMÜDLICHEN EINSATZ
Zu Beginn seiner Rede nahm der künftige Rektor noch einmal den Kerngedanken seines Vorgängers auf: „Ihre wahrscheinlich wichtigste strategische Entscheidung war, die Studierendenzahl in Hohenheim deutlich zu erhöhen“, so Prof. Dr. Dabbert zu Prof. Dr. Liebig. „Dies war eine richtige Entscheidung, auch wenn sich jetzt zeigt, dass die Infrastruktur der Universität dadurch bis an ihre Kapazitätsgrenze und teilweise darüber hinaus belastet ist“.
Ein wichtiges Anliegen sei ihm deshalb der Dank an den scheidenden Rektor für dessen „unermüdliches, nie nachlassendes Engagement für die Belange der Universität Hohenheim“. Ein Dank, den er deshalb an den Beginn seiner Rede gestellt habe.
NEUES ORGANISATIONSMODELL MISCHT HIERARCHIE MIT KOOPERATION
Den Hauptteil seiner Rede nutzte Prof. Dr. Dabbert um seine künftige Rolle und die künftigen Aufgaben der Universität zu definieren.
„Die Erwartungen, die an mich gestellt werden, sind umfassend, anspruchsvoll im Detail, weitreichend und natürlich keinesfalls alle erfüllbar“, so der künftige Universitätsleiter. Doch die „vielleicht wichtigste Erwartung an mich selbst ist es, die richtigen Fragen zu stellen und zu versuchen, auf diese Fragen – auch im Diskurs mit allen Beteiligten – gute Antworten zu finden“.
Sein Modell, die Universität zu führen, umschrieb er als Synthese von zwei Ansätzen. Auf der einen Seite die historische Selbstorganisation, die alle Entscheidungen aushandelt. Auf der anderen die unternehmerische Universität, die hierarchisch organisiert ist und über gezielte Anreize steuert.
„Die Selbstorganisation birgt die Gefahr der Selbstblockade und Unbeweglichkeit“, begründete Prof. Dr. Dabbert. „Die Hierarchie gerät an ihre Grenzen, wenn sie Kreativität und Motivation behindert“.
In seiner Vorstellung sei das künftige Rektorat Teil einer inneruniversitären Hierarchie, die sich als Ergänzung und Gegengewicht zur Selbstorganisation sehe. „Dies bedeutet, dass sich die Leitung der Universität an dem Prinzip der Kooperation orientiert“, führte er aus. „Wenn die Selbstorganisation und das kooperative Prinzip jedoch nicht zu guten Lösungen führen, die im Gesamtinteresse liegen, wenn gegenseitige Blockaden vorherrschen und keine Wege der kreativen Zusammenarbeit gegangen werden, dann besteht die Notwendigkeit für die Leitung einzugreifen und auch zu entscheiden. Dieses Organisationsmodell bezeichne ich als kooperierende unternehmerische Universität.“
Den abschließenden Teil widmete Prof. Dr. Dabbert den Aufgaben, die künftig vor der Universität Hohenheim lägen.
LEHRE BRAUCHT FORSCHUNG FÜR MEHR KREATIVITÄT
Unmittelbare Aufgabe in der Lehre sei es, ein „gutes und ertragreiches Studium anzubieten“ – für die Studierenden, die bereits hier seien, als auch für die, die noch kämen. Strategisch sei es wichtig, Forschung und Lehre enger zu verknüpfen. „Lehre ist mehr, als vorhandenes Wissen aufzunehmen. Der schwierigere Teil ist es, sich selbstständig und kreativ in einem Fach bewegen zu können.“
Gelehrt werden könne dies nur durch aktive Wissenschaftler, die selbst auf in diesem Geiste ausgebildeten Nachwuchs angewiesen seien. Ein Zusammenhang, der für Prof. Dr. Dabbert die Existenzberechtigung der Universitäten darstellt: “Weil es effizient ist, Forschung und Lehre miteinander zu kombinieren.“
Organisatorisch gälte es, die Studien- und Prüfungsordnungen der Studiengänge weiter zu vereinheitlichen. So gäbe es für Studierende bessere Möglichkeiten, über Fakultätsgrenzen hinweg zu studieren.
FORSCHUNG BRAUCHT KOOPERATION UND EINDEUTIGE THEMEN
In der Forschung bilde die bestehende Vielfalt eine wertvolle Ressource: „Wie im Schloss Hohenheim manche Nische erst zum gelungenen Gesamtbild beiträgt, so auch in den wissenschaftlichen Gebäuden der Universität Hohenheim“, so Prof. Dr. Dabbert.
Allerdings bestehe das Schloss auch nicht in erster Linie aus Nischen, sondern „aus klaren Strukturen mit breiten und guten Verbindungen“. Ebenso müsse eine kleine Universität wie die Universität Hohenheim mit ihrem begrenzten Fächerspektrum eine „deutlich sichtbare Botschaft nach außen senden, für welche Themen sie steht“.
Gleichzeitig käme der Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Bereichen ein größeres Gewicht zu, als dies an sehr großen, wesentlich heterogeneren Universitäten der Fall ist. „Wir haben gute, sehr gute, auch herausragende wissenschaftliche Einzelkönner in Hohenheim, die auf den unterschiedlichen Instrumenten und Methoden Hervorragendes leisten. Entscheiden sich diese hervorragenden Solisten dafür, gemeinsame Gruppen und Orchester zu bilden, so erweitern sie ihr Repertoire und ihre Zuhörerschaft.“, erklärte Prof. Dr. Dabbert.
Für die Wahrnehmbarkeit der Universität in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit und in der Gesellschaft seien diese Kooperationen von sehr großer Bedeutung. „Das Zusammenfinden dieser Gruppen zu erleichtern und ihr harmonisches Zusammenspiel zu fördern, ist daher eine wichtige Aufgabe für die Zukunft.“
SERVICE IST WICHTIG FÜR KÜNFTIGEN ERFOLG
Wichtig für den Erfolg sei jedoch auch der Service innerhalb der Universität: Ohne einen Servicebereich, der die Wissenschaftler umfassend unterstütze, könnten diese ihren Auftrag nicht erfolgreich realisieren.
„Die Erfolge der Universität in Forschung und Lehre sind auch die Erfolge derer, die im Servicebereich arbeiten. Es gibt also allen Anlass für eine gegenseitige Wertschätzung zwischen den beiden Bereichen und für eine enge Kooperation bei einer Ausrichtung auf den Auftrag der Universität.“
DANK UND WUNSCH
Seine Rede beendete der künftige Rektor mit einem Dank – und einem Wunsch.
„Ich bin dankbar für das Vertrauen, das mir die Universität, das Land Baden-Württemberg und das gesellschaftliche Umfeld der Universität für meine Aufgaben in den kommenden Jahren entgegenbringt. Ich freue mich auf diese Aufgaben und auf die Zusammenarbeit mit Ihnen. Diese Zusammenarbeit wird auch Konflikte einschließen. Ich wünsche mir, dass es uns gelingt, solche Konflikte – an die man an einem Tag wie dem heutigen kaum denkt – dann im Geiste gegenseitiger Wertschätzung konstruktiv zu lösen.“
Hintergrund
Prof. Dr. Stephan Dabbert wurde am 16. Dezember 2011 mit überwältigender Mehrheit zum künftigen Rektor der Universität Hohenheim gekürt. Der Universitätsrat wählte ihn mit 9 von 10 abgegebenen Stimmen, der Senat bestätigte die Wahl mit 23 von 24 Stimmen. Der 53-jährige Agrarökonom leitet seit 1994 den Lehrstuhl für Produktionstheorie und Ressourcenökonomik im Agrarbereich. Von 2000 bis 2006 engagierte sich Prof. Dr. Dabbert bereits als Dekan der Fakultät Agrarwissenschaften.
Mit dem Amtsantritt von Prof. Dr. Dabbert endet die Dienstzeit von Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Peter Liebig. Der 67jährige Agrarwissenschaftler hatte die Universität Hohenheim seit 2002 fast 10 Jahre lang als Rektor geführt.
Text: Klebs