Mit sofortiger Wirkung:
Rektorat beschließt Neuregelungen für Professoren-Zulagen  [23.04.12]

Ab heute nur noch befristete Leistungs-Zulagen / Neue Berufungspolitik konzentriert sich auf optimale Rahmenbedingungen für talentierten Nachwuchs

Ab sofort vergibt das Rektorat der Universität Hohenheim nur noch befristete Leistungszulagen an Professoren. Grund dafür ist, dass die Universität den Vergaberahmen – das Budget für Professorengehälter – in den vergangenen Jahren mehrfach überzogen hat. Auf bestehende Abmachungen hat die Neuregelungen keinen Einfluss: „Alle rechtlich verbindlichen Zusagen werden vollständig eingehalten“, so Rektor Prof. Dr. Stephan Dabbert.

Für Rektor Prof. Dr. Stephan Dabbert ist es die erste weitreichende Amtshandlung, seit er das Amt des Rektors vor 3 Wochen übernahm. Am Montagmorgen hatte sich das neue Rektorat in einer Krisensitzung auf den Maßnahmenplan geeinigt. Unmittelbar danach informierte der Rektor die Dekane als Vorstände der drei Fakultäten. Im Anschluss wendete sich der Rektor in einem persönlichen Schreiben an alle Professoren.

Studierenden und Mitarbeitern bietet Prof. Dr. Dabbert an, die Situation auf einer Vollversammlung zu erläutern. Unabhängig von den Ereignissen hatte der Personalrat am kommenden Donnerstag bereits eine turnusmäßige Personalversammlung angesetzt.

„Auch ich bin von dieser Situation überrascht worden“, erklärt der neue Rektor. In einer Weisung hatte das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst der Universität direkt untersagt, Professoren in Gehaltsverhandlungen dauerhaft Leistungszulagen anzubieten.

 

Sparauflage: Die Universität darf Minus nicht anderweitig ausgleichen

Grund dafür ist ein mehrjähriges Überschreiten des sogenannten Vergaberahmens. Dabei handelt es sich um das Budget, das das Land jeder seiner Universitäten für die Gehälter der Professoren zur Verfügung stellt.

In den vergangenen Wochen hatte das Rektorat angeboten, das Minus durch Haushaltsumschichtungen auszugleichen. Dies war ihm jedoch aus rechtlichen Gründen untersagt worden.

 

Webfehler im Gesetz: Alterszuschläge belasten Universität

Eine Ursache für die Entwicklung sieht Prof. Dr. Dabbert in einem Webfehler des Vergaberahmens. Das Land Baden-Württemberg hatte dieses Gehälterbudget vor rund zehn Jahren beschlossen. Es definiert ein Durchschnittsgehalt samt Zulagen für alle Professoren an einer Universität, und fällt für jede Universität unterschiedlich aus. Hohenheim wird in Baden-Württemberg unterdurchschnittlich bedacht. Allerdings zahlt Baden-Württemberg insgesamt mehr als der Bundesdurchschnitt.

„Unser Problem ist nicht, dass die Universität über ihre Verhältnisse gelebt und zu teure Leute eingekauft hat“, sagte Prof. Dr. Dabbert. Im Gegenteil: die Universität habe bei allen neuen Verträgen der sogenannten W-Besoldung sparsam gewirtschaftet. Ursache seien die alten Arbeitsverträge in der C-Besoldung. „Anders als bei den neuen Verträgen mit W-Besoldung bekommen die Professoren in der C-Besoldung automatisch Alterszuschläge.“ Diese Regelung gelte bundesweit: „Es ist ein Problem, mit dem auch andere Universitäten je nach Altersstruktur kämpfen.“

Ein nennenswerter Kostenfaktor seien auch die Gehälter von den Professoren, die ihren Dienst über das Pensionsalter hinaus verlängerten. „Das sind sehr wertvolle und verdiente Kollegen. Durch ihre lange Dienstzeit sind sie aber auch in der höchsten Gehaltsstufe. Und dafür, dass sie weiterarbeiten, bekommen sie noch einen Zuschlag von zehn Prozent“, erklärt der Rektor. Diese Zuschläge wurden eingeführt, da sie dem Land insgesamt Ausgaben einsparen.

„Von der Landespolitik wird gewünscht, dass wir diese Kollegen weiterbeschäftigen. Nun werden wir über den Vergaberahmen dafür bestraft. Dies ist eine unsinnige Regelung“, so Rektor Prof. Dr. Dabbert. Er fordert, dass die Alterszuschläge für C-Professoren, die über das Ruhestandsdatum hinaus aktiv bleiben, künftig nicht mehr den Vergaberahmen belasten.

 

Neue Politik: Attraktive Arbeitsbedingungen statt attraktive Gehälter

Die Auswirkungen auf die Berufungspolitik seien dramatisch. Seit 2002 erhalten neue Professoren nur ein Grundgehalt – das sogenannte W3-Gehalt. Darauf satteln sie bei ihren Einstellungsverhandlungen noch Leistungsbezüge.

„So lange wir nur befristete Zuschläge vergeben dürfen, können wir etablierten Spitzenleuten kein konkurrenzfähiges Angebot mehr machen“, sagt Prof. Dr. Dabbert. „Ähnlich unmöglich ist es, besonders gute Leute zu halten, wenn sie von anderen Universitäten ein Konkurrenzangebot bekommen.“

Mit dem Sanierungsplan vollzieht die Universität einen Schwenk in der Berufungspolitik: „Wir müssen uns auf talentierte Nachwuchswissenschaftler konzentrieren.“ Statt in üppiges Gehalt werde die Universität in gute Arbeitsbedingungen investieren. „Die Schrauben, an denen wir drehen können, sind Ausstattung, besserer Service, Forschungsförderung, aktive Vernetzung. Denn thematisch ist das Hohenheimer Umfeld sehr spannend.

 

Unberührt von Gehalts-Problematik: Universität steht zu allen Verpflichtungen

Wie lange die Sanierungsmaßnahmen greifen, ist derzeit noch nicht absehbar. „Als Neulinge haben weder ich noch die Kanzlerin einen kompletten Überblick. Heute Morgen haben wir die Notbremse gezogen. Heute Mittag beginnen wir mit der Detailplanung, wie wir den Zug wieder aufs Gleis bringen“, kommentiert Dabbert. Er rechne jedenfalls mit mehreren Jahren.

Was wichtig bleibe: „So dramatisch die Einschränkung ist, sie trifft zwar einen zentralen Bereich, aber immer noch nur einen Bereich“, erklärt Prof. Dr. Dabbert. „Finanziell gesehen ist das Minus im Vergaberahmen überschaubar. Es bedeutet weder, dass die Universität pleite ist, noch das sie ihre Lehre oder Forschungsarbeiten einschränken muss.“ Auch bei Bauprojekten – etwa dem ersehnten großen Hörsaal – bleibe die Finanzierung von Universitätsseite gesichert.

Auf bestehende Gehalts-Vereinbarungen hat die Neuregelung keinen Einfluss: „Alle rechtlich verbindlichen Zusagen werden vollständig eingehalten“, so Rektor Prof. Dr. Stephan Dabbert.

Text: Klebs


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