„Nature“-Studie zu Smog in China:
Dt.-chin. Forscherteam appelliert an chinesische Umweltpolitik [26.02.13]
Aktuell in „Nature“: Deutsch-chinesisches Graduiertenkolleg der Universität Hohenheim und der China Agricultural University erstellen Bestandsaufnahme
Trübe Bilanz: Die Ostküste Chinas gehört zu den Regionen der Erde mit der größten Luftverschmutzung durch reaktive Stickstoffverbindungen. Diese Entwicklung hat sich in den vergangenen 30 Jahren nicht verbessert, sondern erheblich verschlimmert. Ohne Gegenmaßnahmen werde sich das Problem weiter verschärfen, warnt eine deutsch-chinesische Studie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature“. Unter den Autoren sind Ökologen und Agrarwissenschaftler des deutsch-chinesischen Graduiertenkollegs an der Universität Hohenheim und der China Agricultural University in Peking. Originalartikel unter dx.doi.org/10.1038/nature11917Seit Gründung des deutsch-chinesischen Graduiertenkollegs am 1. Juni 2004 reist Prof. Dr. Andreas Fangmeier, Co-Autor der Studie und Leiter des Fachgebiets Pflanzenökologie und Ökotoxikologie an der Universität Hohenheim, regelmäßig nach Peking. Doch klaren Himmel und Sonnenschein hat der Forscher in der chinesischen Hauptstadt erst ein einziges Mal erlebt. „An den allermeisten Tagen trübt Smog den Himmel. Meistens beträgt die Sichtweite nur einige hundert Meter“, berichtet er.
Die starke Luftverschmutzung ist die Kehrseite der boomenden Wirtschaft: Kohle ist die wichtigste Energiequelle, die Zahl der PKWs wächst exponentiell, und in der Landwirtschaft haben sich sowohl der Tierbestand als auch die Düngermenge auf den Feldern in den vergangenen 30 Jahre verdreifacht.
Entsprechend stark ist die Luftbelastung angewachsen. Folge ist, dass die Deposition aus der Atmosphäre auch Böden, die Vegetation und schließlich das Grundwasser belastet.
Ein weiterer Trend wird aus den Analysen sichtbar: die Belastung mit reduzierten Stickstoffverbindungen überwiegt zwar, aber der Anteil an oxidierten Stickstoffbedingungen hat noch stärker zugenommen. „Das heißt, die Belastung aus Verkehr und Industrie steigt noch deutlicher, als die aus der Landwirtschaft“, erklärt Prof. Dr. Fangmeier.
China hat heute dieselben Probleme wie Europa vor 20 bis 30 Jahren
Die Studie in der Fachzeitschrift „Nature“ ist die erste umfassende Bestandsaufnahme des Problems. Die Autoren zeigen, wie sich die Luftverschmutzung und die Belastung der Umwelt durch Stickstoffverbindungen zwischen 1980 und 2010 immer weiter verschärft haben: „Kaum irgendwo anders auf der Welt ist die Stickstoff-Belastung so hoch wie im Osten Chinas“, fasst Prof. Dr. Fangmeier zusammen. „Das Reich der Mitte hat heute dieselben Probleme wie die am stärksten betroffenen Regionen Europas vor 20 bis 30 Jahren.“
Die Folgen: extrem hohe Belastungen durch Feinstaub mit entsprechenden gesundheitlichen Gefahren und Stickstoffeinträge in die Ökosysteme in einer Höhe, die weit über den tolerierbaren Schwellenwerten liegt. Die natürliche Vegetation Chinas hat darauf bereits mit steigenden Stickstoffgehalten im Blattgewebe reagiert. Nutzpflanzen wie Reis, Weizen und Mais nehmen einen immer größeren Anteil ihres Stickstoffbedarfs direkt aus der Luft auf.
Studie in „Nature“ endet mit Aufruf an die chinesische Umweltpolitik
Ohne Gegenmaßnahmen werde sich das Problem in Zukunft noch weiter verschärfen, warnen die Forscher.
Ihre Studie endet daher mit einem Aufruf: Die chinesische Umweltpolitik müsse Maßnahmen auf den Weg bringen, die den Ausstoß von Ammoniak aus der Landwirtschaft und von Stickstoffoxiden aus Industrie und Verkehr reduziere. Gleichzeitig müsse Dünger in Zukunft effizienter eingesetzt werden.
Hintergrund: Deutsch-chinesisches Graduiertenkolleg
Am 1. Juni 2004 richteten die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das chinesische Bildungsministerium das erste deutsch-chinesische Graduiertenkolleg an der Universität Hohenheim und der China Agricultural University in Peking ein. Bislang insgesamt 33 Doktorandinnen und Doktoranden sowie 6 Postdocs allein aus Deutschland beschäftigen sich in elf Teilprojekten mit der Modellierung von Stoffflüssen und Produktionssystemen für eine nachhaltige Ressourcennutzung in intensiven Acker- und Gemüsebausystemen in der nordchinesischen Tiefebene. Sprecher der Einrichtung ist der Agrarökonom Prof. Dr. Reiner Doluschitz von der Universität Hohenheim.
Mit seinem Aufsatz „Enhanced nitrogen deposition over China“ in der renommierten Fachzeitschrift „Nature“ krönt das internationale Forscherteam seine Arbeit. Nach neun Jahren läuft das deutsch-chinesische Graduiertenkolleg am 31. Mai 2013 aus.
Hintergrund: Autoren und Titel des „Natur“-Aufsatzes
Xuejun Liu, Ying Zhang, Wenxuan Han, Aohan Tang, Jianlin Shen, Zhenling Cui, Peter Vitousek, Jan Willem Erisman, Keith Goulding, Peter Christie, Andreas Fangmeier, Fusuo Zhang: Enhanced nitrogen deposition over China, in: Nature (published online on 28 February 2013), DOI 10.1038/nature11917.
Jetzt zu lesen auf: www.nature.com
Text: Weik / Klebs
Kontakt für Medien:
Prof. Dr. Andreas Fangmeier, Universität Hohenheim, Fachgebiet Pflanzenökologie und Ökotoxikologie,
Tel.: 0711/ 459 22189, E-Mail: andreas.fangmeier@uni-hohenheim.de