Zoologie-Blog

Darum ging's: Vom nackten Prototyp und alten Säugern  [21.11.17]

12 Kurstage liegen hinter uns. Vom Einzeller über unseren Verwandten, das Lanzettfischchen, bis hin zu Amphibien ging es einmal quer durchs Tierreich. Nun bleiben nur noch die Säugetiere übrig. Und mit ihnen unser Sezierpräparat: die mongolische Wüstenrennmaus.

Die Farbmäuse kommen aus der zentralen Versuchstierhaltung der Universität Hohenheim. Für den Kurs wurden die alten Tiere ausgesucht und eingeschläfert.


Der letzte Kurstag ist da, und ich bin sogar etwas traurig darüber. Es war interessant und spannend, als kompletter Laie in ein neues, völlig fremdes Fachgebiet hineinschnuppern und zusehen zu dürfen.

Vor jedem Sezieren ist natürlich die Theorie dran. Die Mammalia (Säugetiere) beschäftigen uns heute, und ich muss sagen… Die ersten Säugetiere sahen schon ulkig aus. Genauer gesagt die ersten säugetierähnlichen Reptilien, oder wie unser Kursleiter sie nennt: „Reptilienartige Säugetier-Prototypen, die ein bisschen an einen nackten Dackel erinnern.“

Ja, dem kann ich mich anschließen…

Ein Mops, ein Königspudel und ein Bengalischer Tiger

Natürlich werden auch heute wieder die wichtigsten Merkmale benannt. Gut zu wissen: Säuger haben genau sieben Halswirbel, egal ob Giraffe, Spitzmaus oder Mensch. Einzige Ausnahmen: das Zweifingerfaultier mit neun, und das Dreifingerfaultier und die Seekuh mit jeweils sechs Halswirbeln.

Während dem Theorie-Teil werden teils bis zu 80 Jahre alte Präparate herumgereicht, vom Schädel eines Bengalischen Tigers, bis hin zu den Skeletten eines Mopses und eines Königspudels.

Überraschend für mich ist, wie relativ klein beispielsweise der Tigerschädel wirkt. Das erklärt sich, wenn man den Schädel näher betrachtet und die dicken Furchen erkennt, in welchem die Muskelstränge eigentlich liegen. Erst da wird einem wirklich bewusst, wie stark so ein Tiger sein muss…

Süß und etwas mitgenommen

Aber so informativ und spannend die Theorie auch ist, bin ich gespannt auf unser Präparat. Kurz vor Ende des Theorie-Teils bereiten die HiWis die einzelnen Wannen für die Sektion vor, dann wird ausgeteilt.

Würggeräusche sind dieses Mal nicht zu hören, stattdessen sehr häufig ein „Oh, sind die süß“. Ja, das stimmt.
Allerdings betont unser Kursleiter nach ein paar Minuten: „Ihr macht es euch und euren Kommilitonen nicht einfacher, wenn ihr die ganze Zeit wiederholt, wie süß sie sind.“ Und auch das stimmt…

Verstehen kann ich die Reaktionen natürlich. Die Mäuse sind klein, flauschig, putzig – süß eben. Dennoch finde ich, dass sie von vorne herein etwas mitgenommen aussehen.

Zwar sind es meine ersten mongolischen Wüstenrennmäuse, die ich sehe. Allerdings habe ich schon Katzen besessen, die fleißig Feldmäuse – kleine und große – mit nach Hause brachten, die ich sogar hin und wieder retten konnte. Keine dieser Mäuse, die immerhin im Maul einer Katze waren, sah je so, ich würde fast sagen, ungepflegt aus.

Übung macht den Meister – auch im Präparieren

Doch dafür gibt es einen Grund, wie wir erfahren. Alle Mäuse vor uns und unserem Partner sind alte Mäuse aus der Parasitologie der Uni. In der Natur wird eine Maus zwei, vielleicht drei Jahre alt, wenn sie Glück hat.

Diese Mäuse hier sind älter, und das merke man eben, wie bei allen alten Lebewesen, irgendwann einmal am Verhalten, Aussehen und körperlichen Gebrechen, erklären die HiWis. Auch daran, dass sie ungepflegter aussehen.

Diese Mäuse wären bald von alleine gestorben oder hätten, um sie nicht leiden zu lassen, eingeschläfert werden müssen. So jedoch, sagt unser Kursleiter weiter, können die Studierenden am Ende noch etwas von ihnen lernen.

Und dass wir etwas gelernt haben, merkt man bereits daran, wie seziert wird. Die Unsicherheiten vom Anfang, als noch niemand so recht wusste, wo man mit dem ersten Schnitt ansetzen soll, sind verschwunden. Zum Großteil, zumindest.

Der Zusammenhang zwischen Futter und Geruch

Vorsichtig wird nicht nur der Bauchraum aufgeschnitten und das Fell entfernt. Auch bei den Organen gehen alle umsichtiger vor, wissen mittlerweile, wo sie besonders vorsichtig sein müssen, damit ihnen nicht der ganze Bauchraum vollblutet.

Man erkennt deutlich die Organe, präpariert sie einzeln heraus. Der lange Darm ist eine Herausforderung, betont mein Sezierpartner, denn niemand will ihn unbedingt anschneiden. Der Geruch an sich ist schon nicht sehr angenehm. Ein Nebeneffekt des Futters, das man den Mäusen gibt. Je nachdem, was sie essen, so wird uns erklärt, riechen sie anders. Wieder etwas gelernt…

Nachdem der Darm herauspräpariert ist, geht es weiter, zum Herzen. Dass es hier etwas blutet, wenn man die Arterien erwischt, ist nicht mehr verwunderlich. Auch mein Partner lässt sich davon nicht beirren, tupft das Blut einfach nur vorsichtig weg und macht weiter, während ich ihm weiter über die Schulter schaue.

Meine Härteprüfung: Kopf ab und Fell weg

Die letzte Stunde verfliegt fast, und so bleibt am Ende nicht mehr viel Zeit, um auch das Hirn heraus zu präparieren. Eine freiwillige Aufgabe, da man hierfür am besten den Kopf abtrennt.

Das ist tatsächlich nicht für Jeden etwas, und einige lassen es bleiben, schauen anderen Kommilitonen zu, die es versuchen. Und ja, auch ich muss zugeben… Das Fell vom abgetrennten Kopf abzuziehen - auch wenn ich nur dabei zusehe - ist bisher wohl das für mich „Schwierigste“. Ich ekle mich nicht davor oder finde es besonders schrecklich.

Aber es sieht einfach eigenartig aus, wenn das Fell fehlt und man nur noch Haut und Augen hat. Das war schon ein Anblick…

Gehirne im Vergleich

Meinem Partner gelingt es, den Schädel aufzuknacken und das Gehirn freizulegen. Und im Vergleich erkennt man tatsächlich, wie unterschiedlich es beispielsweise zum Gehirn des Fisches ist, sieht deutlich die Furchen, die höhere Tiere entwickeln.

Und dann… Dann ist es auch schon vorbei.

Der letzte Tag im Sezierkurs. Und zumindest ich bin zufrieden und froh, dass ich dabei sein und einiges lernen durfte.

Corinna Schmid, Abteilung Hochschulkommunikation

*Die Reportage entstand im Wintersemester 2016/17 und entsprich den aktuellen Kursinhalten.

Die Beiträge beinhalten die persönlichen und individuellen Meinungen von Studierenden und Betreuern. Sie spiegeln nicht zwingend die Meinung der Universität Hohenheim wider.

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