Ein Kaffee mit... Korinna Huber und Sebastian Hess

Staffelübergabe im Prorektorat Studium & Lehre  [02.04.24]

Prof. Dr. Korinna Huber gibt den Staffelstab weiter an Prof. Dr. Sebastian Hess. Bild: Uni Hohenheim

Prof. Dr. Sebastian Hess löst Prof. Dr. Korinna Huber am 1. April als neuer Prorektor für Studium & Lehre ab. Der Online-Kurier hat beide zum Doppel-Interview getroffen. Ein Rück- und Ausblick.

 

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Frau Huber, Sie hatten das Amt der Prorektorin seit 2018 inne. Man spürte, dass Sie mit sehr viel Herzblut dabei waren. Wie blicken Sie heute auf diese Zeit zurück?


Huber: Es waren durchaus gemischte Gefühle als ich in den letzten Wochen meinen Aktenschrank aufgeräumt habe. Ich habe das Amt sehr gerne ausgeübt und es gibt vieles, das ich vermissen werde. Dennoch tut es gut, den Kopf jetzt wieder einmal frei zu bekommen.

Ich möchte mich gegen Ende meiner wissenschaftlichen Karriere noch einmal voll auf die Forschung, meine Promovierenden und meine Studierenden konzentrieren. Darauf freue ich mich sehr.

Was ich aus meiner Zeit als Prorektorin mitnehme, sind vor allem die vielen Begegnungen mit tollen Menschen, die für das Thema Lehre brennen und mich auf vielfältige Weise unterstützt und inspiriert haben. Außerdem ich habe sehr viel dazugelernt. Als Prorektorin waren Managementfähigkeiten gefragt, die ich als Tierärztin zunächst entwickeln musste.

Die größte Herausforderung der Amtszeit war definitiv die Pandemie. Im Rückblick bin ich wirklich beeindruckt, was wir alle unter großem Zeitdruck gemeinsam geschafft haben. Die gesamte Uni hat in dieser Ausnahmesituation an einem Strang gezogen. Diese Erfahrung stimmt mich optimistisch, dass wir auch künftige Herausforderungen zusammen meistern können.

 

     Herr Hess, normalerweise gewährt man 100 Tage im Amt vor dem ersten Interview. Wir sind heute deutlich früher dran. Haben Sie denn schon ein Gefühl dafür, was auf Sie als neuer Prorektor zukommt?

Hess: Ich habe in den letzten Wochen eine hervorragende Einarbeitung von Frau Huber und ihrem Team erhalten. Dadurch wurde vieles für mich zumindest schon etwas greifbar. Aber ich werde in der neuen Rolle sicherlich noch eine ganze Menge dazulernen und darauf freue ich mich.

Als Dozent liegt mir gute Lehre persönlich sehr am Herzen. Als Prorektor will ich mithelfen, dafür guten Rahmenbedingungen zu schaffen. Aus meiner Sicht bringt Hohenheim die allerbesten Voraussetzungen hierfür mit: Wir sind eine kleine, persönliche Uni mit tollem Profil und engagierten Lehrenden und Studierenden.

Gerade im Bereich digitaler Lehre und KI ist Hohenheim in den vergangenen Jahren bereits mutig vorangeschritten. Das spezifische Hohenheimer Lehr-Profil weiterzuentwickeln sehe ich als eine meiner besonders wichtigen Aufgaben an. Wir sollten deutlich sichtbar machen, was ein Studium an der Uni Hohenheim im Vergleich zu größeren, anonymen Unis so besonders macht.
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Tatsächlich hat der Wettbewerb der Universitäten um Studierende in den letzten Jahren stark zugenommen. Grund dafür sind die geburtenschwachen Jahrgänge. Auch die Finanzierung der Hochschulen ist stärker an die Studierendenzahlen gekoppelt als früher.

Frau Huber, wie hat sich die Uni Hohenheim darauf eingestellt?


Huber: Wir haben in den letzten Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Uni Hohenheim im Wettbewerb gut aufzustellen.

Beispielsweise haben wir Zukunftsthemen wie Digitalisierung oder Nachhaltigkeit gestärkt, durch neue Studiengänge oder auch durch Digitalisierungsprojekte wie DeLLFi oder AIDAHO.

Ein wichtiger Meilenstein war auch die Systemakkreditierung der Universität. Denn sie erlaubt uns ein kontinuierliches Qualitätsmanagement unserer Studiengänge auf sehr anspruchsvollem Niveau. Der erste Zyklus mit der internen Akkreditierung aller Studiengänge nach unserem Qualitätssystem ist abgeschlossen. Dies ist gelungen durch großes Engagement an allen drei Fakultäten.
 
Auch unsere Beratungs- und Zusatzangebote entwickeln wir stetig weiter, um der wachsenden Vielfalt und den individuellen Problemlagen unserer Studierenden noch besser gerecht zu werden und die Nachwirkungen der Pandemie abzufedern.
 
Und nicht zuletzt haben wir auch das Marketing für unsere Studiengänge in den letzten Jahren professionalisiert, um Schülerinnen und Schüler gezielter mit unseren Angeboten anzusprechen.

All unsere Bemühungen zielen darauf ab, die Perspektive der Studierenden bzw. Studieninteressierten noch stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Wichtige Leitlinien dafür haben wir in partizipativen Prozessen gemeinsam mit Lehrenden, Studierenden und Beschäftigten aus den lehrunterstützenden Bereichen erarbeitet.
 
Die angesprochenen Themen werden sicherlich auch Ihren Nachfolger weiter beschäftigen. Gibt es eine aktuelle Herausforderung, die Sie zuletzt besonders umgetrieben hat?

Huber: Eine ganz konkrete Herausforderung im Moment ist finanzieller Natur. Denn im Bereich Lehre sind wir heute viel stärker als früher auf zeitlich befristete Projektmittel angewiesen, beispielsweise von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre.
    
In den vergangenen Jahren waren wir hier durchaus sehr erfolgreich: Projekte wie DeLLFi, AIDAHO, PePP oder ABBA haben uns enorm dabei geholfen, digitale Lehrformate als didaktisch sinnvolle Ergänzung zur Präsenzlehre zu etablieren.  

Doch die Förderung dieser Projekte läuft in diesem Jahr aus. Die Vorbereitungen für künftige Anträge laufen bereits. Allerdings zeichnet sich ab, dass der Wettbewerb um die Fördermittel härter wird. Auf jeden Fall wird es einen Bruch geben und wir werden nicht alle Angebote für Lehrende oder Studierende in der bestehenden Form fortsetzen können.

Herr Hess, was ist aus Ihrer Sicht wichtig, damit die Uni auch künftig im Wettbewerb gut aufgestellt ist?

Hess:
Ich glaube, die Uni Hohenheim ist durch die bisherigen Anstrengungen bereits auf einem sehr guten Weg. Doch zurücklehnen können wir uns ganz sicher nicht.

Unsere Gesellschaft durchläuft einen tiefgreifenden und rasanten Wandel. Wir müssen deshalb immer wieder aufs Neue hinterfragen: Was sind die aktuellen Bedürfnisse der Studierenden und des Arbeitsmarkts? Welche Kompetenzen und Themen sind wichtig, damit unsere Absolvent:innen die ökologische und digitale Transformation aktiv mitgestalten können? Wie interpretieren wir das Humboldtsche Bildungsideal für unsere heutige Zeit?

Tatsächlich habe ich den Eindruck, dass wir solche Diskussionen schon viel intensiver führen als in früheren Jahren - und möglicherweise auch intensiver als das an größeren Unis überhaupt möglich ist.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Hess: Wenn ich mich ein Jahr zurückerinnere, sorgte ChatGPT und die Weiterentwicklung der generativen KI für wachsende Unruhe an den Hochschulen - vor allem mit Blick auf die Prüfungsleistungen.

Als Dozent hat mich damals ziemlich beeindruckt, dass die Uni Hohenheim bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt an Lösungen arbeitete und sich in die öffentliche Debatte einbrachte, während andere Hochschulen noch nicht einmal das Problem in vollem Ausmaß erkannt hatten.

Ich bin überzeugt, dass wir bei solchen Themen unsere Stärken als kleine, intern vernetzte Uni in besonderer Weise ausspielen können. Das kann uns auch künftig helfen, Herausforderungen zu bewältigen und uns im Wettbewerb gegenüber größeren Unis zu behaupten.

Apropos generative KI: Die Debatte darüber ist an den Unis ja keineswegs abgeschlossen. Viele sprechen von einer Kulturrevolution. Wie sehen Sie das, Herr Hess?

Hess: Zweifelsohne handelt es sich bei KI um ein wichtiges Zukunftsthema. Deshalb wollen wir unseren Studierenden die Kompetenzen vermitteln, diese Technologie in fachlichen oder künftigen beruflichen Kontexten verantwortungsvoll und effizient zu nutzen.

Tatsächlich verlieren die Prinzipien des guten wissenschaftlichen Arbeitens dadurch aber nicht Bedeutung - im Gegenteil! Wahrscheinlich war es nie wichtiger, Texte kritisch zu hinterfragen, sauber mit Quellen zu arbeiten - und vor allem: Den eigenen Kopf einzuschalten.

Richtig eingesetzt, kann KI ein mächtiges Werkzeug sein. Doch wir dürfen uns keine Illusionen machen: KI löst nicht wie von selbst die Probleme, vor denen unsere Gesellschaft steht.

Genau dazu wollen wir aber unsere Studierenden in erster Linie befähigen: Aktiv vorausdenken, Herausforderungen identifizieren und anpacken, unterschiedliche Perspektiven nachvollziehen und in fachlich gemischten Teams gemeinsam an Lösungen arbeiten.

Für die Führungskräfte von morgen, die den Wandel gestalten müssen, sind solche Querschnittskompetenzen von unschätzbarem Wert. An der Uni Hohenheim haben wir die besten Voraussetzungen, sie unseren Studierenden zu vermitteln.

Wir werden berichten! Vielen Dank für das Gespräch und einen guten Start im neuen Amt!

Interview: Leonhardmair

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