Maßnahme gegen Engpass

Uni produziert benötigte Desinfektionsmittel selbst  [08.04.20]

Maischebottich zum Aufschluss von Getreidestärke. Bild: Forschungs- und Lehrbrennerei Hohenheim.

In Folge der Corona-Pandemie sind Desinfektionsmitteln in Deutschland nach wie vor knapp. Die Uni Hohenheim will zur Entspannung des Marktes beitragen und ihren Bedarf deshalb künftig durch Eigenproduktion decken. Denn angefangen vom Rohstoff Getreide über leistungsstarke Destillationsanlagen bis hin zum pharmazeutischen Know-how ist an der Uni alles vorhanden, was man für die Herstellung benötigt. Rechtlich ermöglicht wird die Produktion durch aktuelle behördliche Ausnahmeregelungen.


Die erste Getreidelieferung von der Versuchsstation Agrarwissenschaften ist vergangenen Montag in der Forschungs- und Lehrbrennerei eingetroffen. Mit Hefe versetzt muss die Maische zunächst drei Tage gären, dann kann die Ethanolproduktion anlaufen.

„Bis auf Weiteres wollen wir pro Tag ca. 120 Liter herstellen. Wir verfügen über die technische Möglichkeit, hochkonzentriertes Destillat mit einem Alkoholanteil von 96% vol. zu erzeugen, eine ideale Ausgangsbasis für die Herstellung von Desinfektionsmitteln“, berichtet Dr. Daniel Einfalt, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Forschungs- und Lehrbrennerei.

Desinfektionsmittel bestellen

Die Ausgabe der Desinfektionsmittel an Uni-Einrichtungen erfolgt zentral über die Abteilung Technik und Gebäude.

Normalerweise erfolgt die Weiterverarbeitung von Ethanol zu Desinfektionsmitteln in pharmazeutischen Unternehmen und derzeit auch verstärkt in Apotheken. „Da wir am Fachgebiet Biochemie der Ernährung mit Dr. Markus Burkard einen approbierten Apotheker haben und ich selbst Arzt bin, war es für uns eine Selbstverständlichkeit, die Anfrage der Universität Hohenheim nach einer hauseigenen Herstellung von Desinfektionsmitteln schnellstmöglich umzusetzen“, berichtet Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Sascha Venturelli.

Ausnahmeregelungen ermöglichen ungewöhnliche Maßnahme

Zunächst allerdings galt es die dafür notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären: „Inzwischen hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin mehrere Ausnahmeregelungen erlassen. Die jüngste Verfügung von 2. April ermöglicht es uns neben Handdesinfektionsmitteln nun auch Flächendesinfektionsmittel herzustellen, die wir an der Universität derzeit besonders dringend benötigen“, berichtet Dr. Markus Burkard.

„Die Strategie, Brennereien zu aktivieren, um den Lieferengpässen zu begegnen, wurde zuerst in Luxemburg verfolgt“, ergänzt Dr. Einfalt. „In den letzten Wochen wird der Gedanke nun auch in Deutschland verstärkt von der Politik aufgegriffen. Seitens der Forschungs- und Lehrbrennerei bringen auch wir unsere Expertise ein, um die Behörden bei Empfehlungen und Richtlinien zu beraten. Die Forschungs- und Lehrbrennerei nimmt ihre Aufgabe in der derzeitigen Situation sehr ernst.“

Kanzlerin dankt allen Beteiligten

Nach den ersten Berichten über Engpässe bei den Desinfektionsmitteln kam die Idee für die unieigene Produktion zeitgleich an mehreren Stellen auf.

„Seitens des Rektorats möchten wir allen danken, die die Verwirklichung möglich gemacht haben“, so Kanzlerin Katrin Scheffer. „Von den Beschäftigten in Brennerei, dem Lehrstuhl für Biochemie der Ernährung über die Versuchsstation Agrarwissenschaft bis hin zur Arbeitssicherheit und der Abteilung Technik und Gebäude. Wesentlich vorangetrieben wurde das Projekt u.a. auch vom Dekan der Fakultät Naturwissenschaften und der Prorektorin für Forschung.“

Text: Leonhardmair

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