Ein Kaffee mit… den Erasmus-Teilnehmerinnen Galiya & Laura

Unvergessliche Zeit  [09.05.19]

Laura Bartmann und Galiya Iliyasova sind Erasmus-Fans. Bild: Uni Hohenheim

Freundschaften über Grenzen hinweg und uneingeschränkte Mobilität: Kaum etwas könnte besser für diese Idee stehen als das EU-Programm Erasmus+, das jedes Jahr auch ca. 130 Hohenheimer Studierende für ein Auslandssemester nutzen. Anlässlich des Europatags und der Aktion „Grenzenlos studieren – Europa wählen“ informierte das Akademische Auslandsamt heute über das Austauschprogramm in der Mensa. Der Online-Kurier hat sich bei einer Tasse Kaffee in der TMS mit zwei ehemalige Teilnehmerinnen über ihre Erfahrungen unterhalten. Übrigens: Kurzentschlossene der Fakultäten A und N können sich aktuell für Restplätze bewerben!

 


Laura Bartmann studiert in Hohenheim Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie und war mit ERASMUS an der Umeå-Universitet in Schweden.

Galiya Iliyasova war während ihres Wiwi-Bachelors mit Erasmus in Madrid (Cunef). Aktuell studiert sie den Management-Masters und nutze die Gelegenheit für ein zweites Auslandssemester in Bratislava (EUBA).

Interview

Hallo Laura, hallo Galiya!

Oft hört man ja, dass ein Auslandssemester zu den unvergesslichen Erfahrungen gehört, an die man sich auch nach Jahrzehnten noch lebhaft erinnert. Glaubt ihr das wird bei euch auch so sein? Und wenn ja, woran?


Laura:
Auf jeden Fall. Ich habe mich sozusagen in das Land verliebt. Sollte ich jemals den Plan fassen, auszuwandern: Es wäre nach Schweden.

ERASMUS+

Die Uni Hohenheim unterhält über 150 Austauschabkommen mit fast 100 Partneruniversitäten in Erasmus+ Programm- und Partnerländern.

Vorteile des Erasmus-Programms:

  • akademische Anerkennung der im Ausland erbrachten Studienleistungen
  • Befreiung von Studiengebühren an der Gasthochschule
  • Förderung auslandsbedingter Mehrkosten
  • Unterstützung bei der Vorbereitung (kulturell, sprachlich, organisatorisch)
  • Sonderzuschüsse

Umeå liegt sehr nördlich. Ca. 2 Autostunden unterhalb des Polarkreises. Ich habe das Wintersemester dort verbracht – also eine Zeit mit extrem wenig Sonnenschein. Das war eine bewusste Entscheidung, denn ich wollte diese dunkle Zeit einmal miterleben. Es war interessant zu sehen, wie sich die Menschen darauf einstellen – und der Genuss der wenigen Sonnenstunden manchmal auch Vorrang vor anderen, vermeintlich wichtigeren Dingen hat.

Ein Moment wird mir sicher auch noch nach vielen Jahren in Erinnerung bleiben: Als ich meinen Freund vom Flughafen abholte fing der Himmel über der Schneelandschaft plötzlich an, grün zu leuchten. Polarlichter sind in dieser Gegend zwar immer mal wieder zu sehen, trotzdem sind sie kein alltägliches Ereignis. Ich hatte in diesem Moment überhaupt nicht damit gerechnet und war total überwältigt.

Beeindruckt haben mich aber auch die Gesellschaft und die Mentalität der Menschen.

Inwiefern?


Laura: Man könnte so viele Punkte aufzählen: z.B. nehmen Väter in Schweden verpflichtend 60 Tage Elternzeit, das gesamte schwedische Kranken- und Sozialsystem funktioniert sehr gut, der Bildungsgrad ist sehr hoch, alle sind unglaublich höflich. Selbst der Busfahrer, der uns jeden Morgen mit bester Laune anstrahlte, sprach selbstverständlich perfektes Englisch mit uns.

Generell kamen mir die Schweden sehr gelassen und tolerant vor. Und dabei scheinen sie nicht weniger effektiv und organisiert zu sein, als man es den Deutschen nachsagt. Da kann man sich schon eine Scheibe abschneiden.

Gibt es auch Dinge, die die du vermisst hast oder die weniger gut gelaufen sind?


Laura: Eigentlich empfand ich nur einen Punkt als schade: Es ist unglaublich schwierig, aus der Erasmus-Blase auszubrechen und in dem Uni-Kontext Schweden wirklich persönlich kennenzulernen.

Das ist wahrscheinlich bei allen Erasmus-Aufenthalten nicht so einfach. Aber gerade weil die Schweden so höflich sind, schafft das auch eine besondere Form von Distanz. Gespräche auf dem Campus blieben meistens etwas oberflächlich. Es war mir hier auch kaum möglich, meine Schwedisch-Kenntnisse anzuwenden, da alle immer sofort auf Englisch umschwenken. Auf Reisen funktionierte der Kontakt dann aber glücklicherweise besser.

Insgesamt ist Schweden ein sehr gefragtes Erasmus-Land. Ich hätte nicht damit gerechnet, so weit nördlich so viele Deutsche zu treffen…

Galiya, wie war das bei dir?


Galiya: Mein erster Erasmus-Aufenthalt in Spanien während des Bachelors hat mir so gut gefallen, dass ich im Master noch ein weiteres Auslandsemester in der Slowakei gemacht habe.

Hohenheim zeigt Flagge für Europa

Natürlich zieht man in so einem Fall unweigerlich Vergleiche. Die Uni in Madrid war sehr renommiert – und ich habe den Platz nur mit etwas Glück ergattert. Mit diesem hohen Niveau konnte die Uni in der Slowakei dann nicht ganz mithalten. Auch manche Rahmenbedingungen empfand ich dort als schwierig: Beispielsweise wurde im Wohnheim sehr viel kontrolliert und überwacht, selbst auf den Zimmern.

Anderseits schweißen gerade solche Erfahrungen die Gruppe auch ganz besonders eng zusammen. Man ist mit seinen Problemen ja in der Regel nicht allein. Der Zusammenhalt unter den Internationals war einfach phantastisch.

Die Menschen, die ich kennengelernt habe, sind vielleicht der Punkt, der mir am positivsten in Erinnerung bleiben wird. Ich halte noch immer viel Kontakt mit anderen Erasmus-Teilnehmern, die ja aus ganz unterschiedlichen Ländern stammen. Wir besuchen uns auch immer wieder gegenseitig. Ich glaube, dass diese besonderen internationalen Freundschaften selbst in ein paar Jahren noch bestehen werden.

Wie hast du denn die beiden Unis ausgewählt?

Galiya:  Als Wiwi-Studentin hatte ich hier in Hohenheim tatsächlich eine relativ große Auswahl. Madrid habe ich vor allem wegen dem Land ausgesucht, um meine Spanisch-Kenntnisse zu vertiefen. Ich bin dort auch viel herumgereist. Wahrscheinlich kenne ich jetzt mehr spanischen Städte als deutsche.

Im Master wollte ich dann gerne in ein ganz anders Land gehen, das ich nicht ohnehin schon durch Urlaubsreisen kenne. Ich habe dabei gezielt nach einer Uni gesucht, bei der ich möglichst viele Studienleistungen erbringen kann, die ich mir für meinen Management-Master in Hohenheim anrechnen lassen kann. Das hat dann tatsächlich auch gut funktioniert.

Würdet ihr sagen, die Zeit im Ausland hat euch verändert?

Galiya:
Ich würde sagen, ich bin entspannter geworden. Man lernt damit umzugehen, wenn mal etwas nicht ganz nach Plan läuft. Beispielsweise standen wir in Madrid aus einem Missverständnis heraus am falschen Bahnhof – am anderen Ende der Stadt. Früher hätte ich mich sehr darüber aufgeregt, heute denke ich: So etwas ist doch kein Weltuntergang.

Vielleicht übernimmt man unbewusst auch ein paar Charakterzüge, die man an den Menschen im Gastland schätzt. Ich bin als Vorstand bei der studentischen Gruppe ISO aktiv, die viel mit Internationals unternimmt und das Buddy-Programm organisiert. Wenn Spanier in der Gruppe dabei sind, freue ich mich immer besonders. Dann entsteht schnell eine vertraute Atmosphäre, die Erinnerungen weckt.

Laura:
Ich hatte Schweden eigentlich nie als Reiseziel auf dem Radar, da ich dachte, alles ist unglaublich teuer. Dabei kann man dort auch sehr günstig unterwegs sein, weil Camping überall in der freien Natur erlaubt ist. Ich habe die Erkenntnis gewonnen, dass es sich lohnt, Vorurteile zu hinterfragen und sich ein eigenes Bild zu machen.

Habt ihr noch einen Tipp für andere Studierende, die gerne mit Erasmus ins Ausland gehen wollen?

Galiya:
Macht das auf jeden Fall, es lohnt sich! Am besten, ihr seid nicht bloß auf ein Ziel fixiert, sondern befasst euch auch mit möglichen Alternativen. Von einigen Freunden weiß ich, dass sie bei der zweiten und dritten Präferenz relativ wahllos Unis angegeben haben – am Ende dann aber genau dort gelandet sind. Es lohnt sich also hier etwas mehr Zeit zu investieren.

Laura:
Die Info-Angebote an der Uni Hohenheim sind sehr gut, das sollte man auf jeden Fall nutzen. Es empfiehlt sich trotzdem, nicht allzu feste Vorstellungen mitzubringen. Oft kommt vor Ort dann eben doch alles etwas anders. Es kann z.B. vorkommen, dass man aufgrund bestimmter Regelungen nicht alle Kurse belegen kann, die man sich im Vorfeld vorgenommen hatte. Dafür hat man dann eben mehr Zeit für Reisen…

Danke für das Gespräch – und alles Gute!

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