Ein Kaffee mit… der Hohenheimer Studierendenvertretung

AStA- & StuPa-Vorsitzende im Sommer-Interview  [28.07.17]

Steffen Raible, Nora Kretschmar und Sarah Graf haben die Hohenheimer Studierenden in den vergangen Semester im StuPa und im AStA vertreten. Bild: Uni Hohenheim | Leonhardmair

Das Uni-Jahr neigt sich dem Ende. Was hat die studentischen Vertreterinnen und Vertreter in den vergangenen Monat bewegt – und welche Themen liegen im neuen Semester an? Der Online-Kurier hat mit StuPa-Präsidentin Nora Kretzschmar und den AStA-Vorsitzenden Sarah Graf und Steffen Raible einen Kaffee vor der TMS getrunken.



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Nora, Steffen, Sarah, ihr habt die Hohenheimer Studierenden in den vergangen zwei Semestern sozusagen auf höchster Ebene vertreten. Wie blickt ihr auf das Jahr zurück und was beschäftigt euch aktuell?


Steffen:
Einige Projekte, die wir uns im Herbst vorgenommen hatten, konnten wir voranbringen, wie z.B. das neue Skriptenbüro, das zum neuen Semester neben dem Café Denkbar eröffnen wird. Andere Themen kamen sozusagen aus heiterem Himmel und haben uns dann aber ganz schön im Beschlag genommen.

Sarah: Besonders wütend macht uns die Einführung von Studiengebühren für internationale Studierende und Zweitstudium durch die Landesregierung.  

Nora: Natürlich hält uns auch die TMS weiterhin auf Trab, die letztes Jahr offiziell in die Verantwortung der Verfassten Studierendenschaft übergegangen ist.

Und dann gibt noch eine ganze Reihe laufender Aufgaben, z.B. die Vergabe der Qualitätssicherungsmittel für die Lehre. In Hohenheim entscheiden Studierende pro Jahr über die Vergabe von etwa 600.000 € Landesmitteln. Alle Uni-Angehörigen können dazu Anträge stellen.

Dabei haben wir viel Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeit, aber auch eine Menge Arbeit. Insbesondere weil wir uns dazu entschieden haben, entgegen dem Wunsch des Rektorats, auch QSM-Anträge für kleine Summen zuzulassen. Im vergangenen Semester haben wir ca. 300 QSM-Anträge geprüft und konnten 197 davon bewilligen.

Außerdem bringen sich studentische Vertreterinnen und Vertreter bei vielen aktuellen Uni-Themen, immer wieder aktiv in Gremien und Arbeitskreisen ein.

Zum Beispiel?

Nora: Beispielsweise bereitet die Uni gerade einen neuen Struktur- und Entwicklungsplan (SEP) vor, in dem die wichtigsten Ziele für die kommenden Jahre festgelegt werden.

Selbst aktiv werden

Du willst dich für ein bestimmtes Thema engagieren, oder einfach mal schauen, wie die Arbeit in der Studierendenvertretung abläuft?

Die Sitzungen des AStA und des Studierendenparlaments (StuPa) sind öffentlich – und bieten eine gute Gelegenheit, hinein zu schnuppern.

Unter anderem machen wir uns hier dafür stark, dass sich die Uni in der Internationalisierung stärker an den Bedürfnissen der Studierenden orientiert. Außerdem soll die Studiengangsberatung in den Fakultäten W und N verbessert werden. In der Fakultät A läuft die Beratung bereits sehr gut, das könnte ein Vorbild für die anderen Fakultäten sein.

Weitere aktuelle Themen sind z.B. Gleichstellung oder das Thema Mobilität, also eine bessere Erreichbarkeit der Uni mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln.

Bleiben wir kurz beim Stichwort „Mobilität“: Seit der Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft setzen sich Studierende für die Einführung eines landesweit gültigen Semestertickets ein. Was gibt es Neues?

Sarah: Die Verhandlungen werden von der Landesasten-Konferenz im Namen aller Studierenden in Baden-Württemberg geführt. Anschließend müssen die Hohenheimer Studierenden in einer Urabstimmung zustimmen.

Das ganze Projekt ist schwieriger und zeitaufwändiger, als viele anfangs gedacht hätten. Das Preismodell ist ausgehandelt, nun geht es vor allem noch um Details, z.B. ob Fahrräder mitgenommen werden dürfen etc. Wir hoffen, dass wir bald ein konkretes Verhandlungsergebnis vermelden können.

Wie sieht das Preismodell aus?

Sarah:
Das neue Studi-Ticket soll auf drei Komponenten basieren.

Um das landesweite Ticket einzuführen, wird der Solidarbeitrag voraussichtlich um 70 € pro Semester steigen. Das bedeutet aber auch: Alle Studierenden können öffentliche Verkehrsmittel abends und am Wochenende in ganz Baden-Württemberg nutzen.

Zusätzlich haben die Studierenden, wie bisher, die Möglichkeit, das VVS-Semesterticket zu kaufen. Wer viel unterwegs ist, kann außerdem ein landesweites Semesterticket dazukaufen.
 
Wir wollen in Kürze Informationen für Hohenheimer Studierende zusammenstellen und eine erste Umfrage starten, wie sie zu diesen Plänen stehen.

Wo seht ihr mit Blick auf den Hohenheimer Campus beim Thema „Mobilität“ ansonsten Luft nach oben?

Steffen: Wir denken, der Campus sollte attraktiver für Radfahrer und Radfahrerinnen gemacht werden. Zum Glück kommt an der Uni in dieser Sache im Moment einiges ins Rollen und Studierende sind dabei auch aktiv in die Planungen eingebunden.

Bis Ende 2018 sollen z.B. 400 neue Fahrradstellplätze eingerichtet werden. Unser Wunsch ist, dass sie möglichst sicher, überdacht und bei Nacht beleuchtet sind. Außerdem sollen zwei Fahrrad-Verleihstationen nach Hohenheim kommen.

Wir hatten außerdem die Idee, eine zentrale Fahrradpump-Station auf dem Campus einzurichten. Wir werden dafür Geld aus dem Budget der Verfassten Studierendenschaft zur Verfügung stellen. Standort der Luftpumpe wird das Gelände des Uni-Fuhrparks in der Nähe des Sprachenzentrums.

Je nach Wohnort ist das Fahrrad nicht für alle Studierenden eine Option. Wie steht ihr z.B. zum Vorhaben der Uni, kostenpflichtige Parkberechtigungsausweise einzuführen, um dem Parkplatzmangel etwas entgegenzusetzen?


Nora: Beim Thema Parken muss sich etwas tun. Wir kennen die Problematik in der Studierendenvertretung selbst nur zu gut, wenn wir z.B. etwas zur TMS transportieren müssen, dort aber keinen Parkplatz finden.

Hier braucht es dringend ein gutes Konzept, wie die vorhandenen Parkplätze sinnvoll genutzt werden können. Studierende verfügen von allen Statusgruppen über das geringste Einkommen. Hohe Parkgebühren würden uns natürlich besonders treffen. In der Umsetzung müssen viele Details geklärt werden – wir setzen uns dabei natürlich für ein sinnvolles und studierendengerechtes Konzept ein.

Sarah: Vor allem aber fordern wir weiter eine bessere ÖPNV-Anbindung. Wenn nahegelegene Orte, wie z.B. Leinfelden-Echterdingen besser an Hohenheim angebunden wären, wären sie auch als Wohnorte für Studierende attraktiver. Und Entspannung auf dem Wohnungsmarkt brauchen wir wirklich sehr dringend.

Ende Juni wurde der erste Spatenstich für ein neues Studierendenwohnheim in der Egilolfstraße gesetzt – entgegen dem Willen einer Anwohner-Initiative, die Lärm-Belästigung und Park-Chaos fürchtete…


Steffen:
Das ist eine wirklich gute Nachricht!  Hohenheim ist im landesweiten Vergleich mit Wohnheimplätzen unterversorgt. Und es wird von Jahr zu Jahr schwieriger, eine bezahlbare Wohnung in Uni-Nähe zu finden. Außerdem ist schon jetzt ist absehbar, dass das Wohnheim Schwerzstraße irgendwann saniert werden muss…

Wir wünschen den Studierenden im neuen Wohnheim, dass sie gut mit ihren Nachbarn auskommen. Auch deshalb haben wir auf einer Info-Veranstaltung versucht, den Anwohnerinnen die Situation der Studierenden zu vermitteln.

Sarah: Ganz besonders betroffen von der Wohnungsnot sind übrigens ausländische Studierende.

Weil Vermieter bei dem großen Andrang, im Zweifel doch deutsche Mieter bevorzugen?

Sarah: Die bestehende Literatur legt diesen Schluss nahe. Aber auch das knappe Budget vieler Internationals spielt eine Rolle.

Mir persönlich liegt das Thema sehr am Herzen. Ich habe deshalb angeregt, dass sich ein Humboldt relaoded-Projekt in diesem Semester der Problematik widmet und das Projekt gemeinsam mit dem Dozenten konzipiert. Ziel ist es, durch quantitative und qualitative sozialwissenschaftliche Methoden ein besseres Bild von der Lage und möglichen Lösungsansätzen zu bekommen. Die Einstellung der Vermieter werden wir erstmal nicht ändern können, aber wir haben auch eine Reihe weiterer Hindernisse gefunden, z.B. Sprachbarrieren oder fehlende Kenntnisse über den Wohnungsmarkt – hier können wir ansetzen.

Ideal wäre es natürlich, wenn internationale Studierende, während ihres gesamten Studiums einen sicheren Wohnheimplatz haben könnten. Bisher bekommen Nicht-EU-Studierende einen festen Wohnheimplatz für ein Jahr zugesichert, danach müssen sie ausziehen. Eine zeitliche Ausweitung dieser Regelung lehnen Studierendenwerk und die Uni bislang ab.

Fest steht aber: Wenn die Uni Hohenheim wirklich weiterhin auf Internationalisierung setzt, muss sie bessere Unterstützung leisten. Neben dem Thema Wohnen gilt das auch für andere Bereiche. Ein wichtiger Schritt wären z.B. mehr Übersetzungen von wichtigen Uni-Texten, wie etwa Prüfungsordnungen, Mietverträgen im Wohnheim, Mensa-Menü und Sport-Programm  aber auch von internen Kommunikationskanälen wie dem Uni-Newsletter.  

Seitens der Verfassten Studierendenschaft werden wir uns auf jeden Fall an verschiedenen Stellen weiter für die Belange der Internationals stark machen.

Ab Wintersemester werden für Nicht-EU-Studierende Studiengebühren in Höhe von 1500 € pro Semester fällig. Der Hohenheimer AStA hat bis zum Schluss gegen den Gesetzentwurf der grün-schwarzen Landesregierung mobilisiert.  Letztendlich wurde er dann aber doch mehr oder weniger unverändert verabschiedet.


Sarah: Das Gesetz macht uns wütend und traurig: Viele meiner Freunde wären heute nicht hier, hätte es die Studiengebühren bereits gegeben. Sie können es sich schlicht nicht leisten. Die Anmeldezahlen für die englischsprachigen Masterstudiengänge der Fakultät A sind in diesem Jahr folglich dramatisch gesunken.

Ich kenne viele Internationals, die sich aktiv auf dem Campus engagieren, z.B. für das Thema Umweltschutz. Sie sind bisher davon ausgegangen, dass sie wertvolle Mitglieder der Community sind. Die Studiengebühren vermitteln ihnen nun genau das Gegenteil. Sie fühlen sich als Studierende zweiter Klasse. Das ist ein fatales Signal.

Habt ihr die Befürchtung, das neue Gesetz könnte bloß der erste Schritt hin zur Wiedereinführung der allgemeinen Studiengebühren sein?

Sarah: Im Moment geht es uns vor allem um die Betroffenen. Aber sicherlich müssen wir wachsam bleiben.

Auch wenn das Gesetz nun verabschiedet ist, werden wir weiter gegen diese Fehlentscheidung kämpfen. Solange es allgemeine Studiengebühren in Baden-Württemberg gab, haben Studierende dagegen demonstriert. Genauso werden wir jetzt die Demos gegen Studiengebühren für Internationals und für Studierende im Zweitstudium fortsetzen.

Wir haben außerdem die Hoffnung, dass das Gesetz juristisch gestoppt werden kann. Es gibt zahlreiche Experten und Expertinnen, die es für nicht verfassungskonform halten. In Freiburg hat bereits der erste Student Klage gegen seinen Gebührenbescheid eingelegt.

Glücklicherweise gibt es auch einige erfreuliche Themen: Im Herbst soll das neue Skriptenbüro neben dem Café Denkbar eröffnen.


Steffen: Ja, das ist nach der Übernahme der TMS unser zweites Großprojekt, in das wir auch wieder viel Herzblut gesteckt haben.

Die Uni lässt uns die Räume in der Fruwirthstraße unentgeltlich nutzen – und bei der Sanierung konnten wir unsere Vorstellungen einbringen. Wie das Skriptenbüro eingerichtet sein soll, haben Studierende selbst geplant. Die Möbel finanzieren wir aus dem Budget der Verfassten Studierendenschaft.

Die offizielle Schlüsselübergabe war bereits Ende Juni. In den kommenden Wochen werden nun letzte Arbeiten erledigt und die Einrichtung installiert.

Was erwartet ihr von den neuen Räumen?

Sarah: Wir hoffen, dass der Skriptenverkauf ab Wintersemester deutlich entspannter verläuft. Der Verkaufsraum ist nicht nur heller und schöner, sondern vor allem auch größer. Das heißt Studierende können Skripte selbst aus Regalen heraussuchen und müssen nicht mehr an der Kasse erklären, was sie brauchen. Die Wartezeiten werden sich so hoffentlich verkürzen.

In einem Kellerraum werden wir außerdem endlich genug Platz haben, um die Skripte zu lagern. Da unser Lagerraum bisher zu klein war, mussten wir immer auch Skripte auf dem Flur lagern.

Steffen: Außerdem gibt es hinter dem Verkaufsraum des neuen Skriptenbüros einen zweiten, kleineren Raum, den wir als Büro nutzen können. Im Moment geht es bei uns im AStA-Büro ziemlich eng zu: Denn dort arbeiten nicht nur die AStA-Referentinnen und Referenten; wir haben auch zwei Halbtagskräfte angestellt, die die VS bei Verwaltungsaufgaben unterstützen, wie z.B. Raumbuchungen oder Finanzanträge. Sie können nun in das neue Büro umziehen und dort konzentrierter arbeiten.

Nora: Für uns als Studierendenvertretung ist es natürlich auch toll, dass wir durch das neue Skriptenbüro viel präsenter auf dem Campus sein werden. Immerhin ist es für viele Studierende der erste und wichtigste Kontaktpunkt mit der VS, es verleiht der Studierendenvertretung sozusagen ein Gesicht.

Wir werden berichten! Vielen Dank für das Gespräch.


Interview: Leonhardmair

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