Master-Seminar lädt ein

Einblicke in Hohenheimer Nutztierforschung  [30.11.22]

Hinter dem Biogebäude entsteht aktuell Forschungsneubau für die Tierwissenschaften. Bild: Uni Hohenheim

Hinter dem Biogebäude ragt ein gewaltiger Kran hervor. Es entsteht ein High End-Forschungsgebäude, das mit 52 Mio. € gefördert wird und zur weltweiten Sichtbarkeit der Uni Hohenheim beitragen soll. Wissenschaftler:innen erforschen hier künftig die komplexen Wechselwirkungen zwischen Nutztieren und den Abermilliarden Mikroorganismen in ihrem Verdauungstrakt. Doch was kann man sich darunter eigentlich genau vorstellen? Und warum ist diese Forschung so relevant? Studierende und Beschäftigte, die selbst Einblicke in Hohenheimer Spitzenforschung erhalten wollen, haben dazu im Dezember und Januar Gelegenheit. Das nutztierwissenschaftliche Masterseminar lädt in diesem Semester alle interessierten Uni-Angehörigen ein, an den Online-Vorträgen teilzunehmen.

 

 

Unser Fleischverzehr gilt als ein wesentlicher Treiber des Klimawandels und die billigen Preise, zu denen Fleisch heute als Massenware im Supermarkt verfügbar ist, gehen in vielen Fällen zu Lasten des Tierwohls. Auch die hohe Produktion von Milch und Eiern übersteigt vielfach die biologischen Leistungsgrenzen der Nutztiere. Ist Nutztierhaltung also per se nicht nachhaltig? Oder ist eine andere Zukunft vorstellbar?

Diskussionen wie diesen stellen sich Forschende des Hohenheim Center for Livestock Microbiom Research (HoLMiR) gerne. In einem Punkt sind sie sich dabei einig: Ändern muss sich eine ganze Menge, inklusive unserer Einstellung zu tierischen Lebensmitteln und wieviel wir davon verzehren. Doch Nutztiere werden auch für die ökologische Kreislaufwirtschaft von morgen, die alle Menschen weltweit ernährt, eine wichtige Rolle spielen.

Tierversuche in Hohenheim

Transparenz ist Hohenheimer Forschenden auch beim Thema Tierversuche wichtig. Bereits 2017 hat die Universität Hohenheim sich durch eine Selbstverpflichtung besonders hohe Standards auferlegt und dies 2021 durch den Beitritt zur Initiative Transparente Tierversuche noch einmal bekräftig.

„Gerade, weil Nutztierhaltung ein gesellschaftlich umstrittenes Thema ist und Menschen ohne Bezug zur Landwirtschaft häufig Hintergründe zu aktuellen Debatten fehlen, liegt uns der Dialog sehr am Herzen“, betont etwa Prof. Dr. Korinna Huber vom Fachgebiet für Funktionelle Anatomie der Nutztiere.

Mikrobiom im Fokus

Wer sich einen Überblick verschaffen will, an welchen Themen Hohenheimer Wissenschaftler:innen künftig im HoLMiR-Neubau hinter dem Biogebäude genau arbeiten und wie sie mit ihrer Forschung zu Tierwohl, Tiergesundheit, Klima- und Umweltschutz beitragen wollen, hat dazu bei fünf Online-Vorträgen im Dezember und Januar Gelegenheit.

Im Fokus vieler Forschungsansätze steht das Mikrobiom, also die Abermilliarden Mikroorganismen, die u.a. im Verdauungstrakt von Kühen, Schweinen, Hühnern, Bienen und anderen Nutztieren leben. Denn diese haben enorme Auswirkung auf Gesundheit und Wohlergehen der Tiere. Aber auch darauf, wie gut sie ihre Nahrung verwerten und was sie an Klimagasen oder umweltbelastenden Stoffen ausscheiden. Umgekehrt beeinflussen Futter und Verhalten der Tiere, wie sich das Mikrobiom in ihrem Körper zusammensetzt. So entsteht ein komplexes Zusammenspiel – mit bedeutenden Folgen für Tier, Umwelt und Klima.

Nutztierwissenschaftliches Seminar: Programm im Überblick

Alle interessierten Studierenden und Beschäftigten sind herzlich eingeladen, an den Zoom-Terminen des Masterseminars teilzunehmen. Pro Sitzung finden zwei Vorträge mit anschließender Diskussion statt. Die Vorträge werden überwiegend auf Englisch gehalten. Nachfragen und Diskussionsbeiträge sind auch auf Deutsch möglich. Eine Voranmeldung ist nicht erforderlich.

Zoom-Zugang:

https://uni-hohenheim.zoom.us/j/84997374095?pwd=SFhzaGxsMWswR0pnT0M1SU1MNGRlZz09

Meeting-ID: 849 9737 4095
Kenncode: TiWi2022


8.12.22 | 16:15 – 18 Uhr

Prof. Dr. M. Hasselmann                
Evolution and Interactions in a highly social environment

Honigbienen sind sozial lebende Nutztiere mit großer Bedeutung für Ökosysteme. Ziel verschiedener Forschungsansätze ist, vertiefte Einblicke in die komplexen Interaktionen zwischen Umwelteinflüssen und  Bienenvölkern zu erhalten. Dabei sind Genomanalysen und die Erforschung des Mikrobioms der Honigbiene wichtige Schlüssel, um diese wechselseitigen Einflüsse besser zu verstehen.

Jun.-Prof. Dr. A. Camarinha Silva           
Synergies between microbiome, nutrition and genetics in livestock

Der vorgestellte Forschungsansatz widmet sich dem komplexen Zusammenspiel von Genetik, Mikrobiom und Ernährung bei Nutzierung. Ein ganzheitliches Verständnis der Wechselwirkungen kann helfen, Gesundheit, Wohlbefinden und Leistung von Nutztieren auf nachhaltige Weise zu verbessern.


15.12.22 | 16:15 – 18 Uhr

Prof. Dr. J. Bennewitz                  
Genomic tools for precision animal breeding

Prof. Dr. M. Chagunda                       
Genetics and breeding for disease resistance, adaptation and conservation

Die beiden Vorträge werfen einen Blick auf moderne Züchtungsmethoden und zeigen u.a. auf, wie diese helfen können, Nutztiere resistenter gegen Krankheiten zu machen.


12.01.22 | 16:15 – 18 Uhr

Prof. Dr. M. Kube   
Genomsequenzierungen zur Entwicklung diagnostischer Assays und der Analyse der Wirtsabhängigkeit von bakteriellen Pathogenen

Ziel der vorgestellten Forschung ist es, krankheitserregende Mikroorganismen durch Genomsequenzierungen besser zu verstehen. Die Rekonstruktion der Genome ist eine Grundlage, um Pathogene in diagnostischen Tests zu erkennen. Außerdem erlaubt sie tiefgreifende Einblicke in die komplexen Interaktionen von Pathogenen und ihrem Wirt.

Prof. Dr. V. Stefanski                         
Verhalten und Gesundheit bei Nutztieren
Behavioral Physiology in Livestock – from Bench to Practice


Nutztiere sind einer Vielzahl von Umwelteinflüssen ausgesetzt, die auch Auswirkungen auf das Immunsystem haben. Heute weiß die Forschung: Das Immunsystem reagiert nicht nur auf Krankheitserreger, sondern auch auf Umweltfaktoren wie Licht, Ernährung oder soziale Stressoren. Ziel der vorgestellten Forschungsansätze ist es, deren Auswirkungen für Tierwohl und Tiergesundheit besser zu verstehen.


19.1. | 16:15 – 18 Uhr

Prof. Dr. L. Hölzle                              
Verhalten und Gesundheit bei Nutztieren: Infektionsbiologie beim Schwein

Die Hohenheimer Infektionsbiologie erforscht grundlegende Aspekte und molekulare Mechanismen, um Infektionskrankheiten bei der Haltung von Schweinen zu vermeiden und wirksam zu bekämpfen. Ein wichtiges Ziel dabei ist es, den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren. Damit trägt die Forschung im Sinne des One-Health-Konzepts auch dazu bei, die Gesundheit des Menschen und die Umwelt zu schützen.


Prof. Dr. M. Rodehutscord                                  
Phytat: Anti- oder pronutritiv?

Als Nährstoff für Pflanzen, Tiere und Menschen ist Phosphat unersetzlich. Doch die weltweiten Lagerstätten neigen sich dem Ende. Forschungsergebnisse zeigen Phytat als eine alternative Phosphatquelle für die Tierernährung auf. Dabei handelt es sich um eine Speicherform von Phosphat in Pflanzen. In der Vergangenheit ging man davon aus, dass Phytat für die Tierernährung nicht förderlich ist, weil es die Aufnahme von Mineralstoffen im Futter beeinträchtigt. Doch Hohenheimer Forschungsergebnisse zeigen: Viele Tiere und Mikroorganismen haben Mechanismen zum Abbau von Phytat im Verdauungsprozess entwickelt.


26.1.22 | 16:15 – 18 Uhr

Prof. Dr. K. Huber                       
Metabolische Inflammation im landwirtschaftlichen Nutztier

Ein Fokus bei der Zucht von Nutztieren liegt vor allem darauf, die Produktion von Fleisch, Milch und Eiern zu steigern. Doch diese genetisch bedingte Leistungsbereitschaft von Hochleistungstieren verursachen mehr und mehr gesundheitliche Probleme. Ziel der vorgestellten Forschung ist es, die Probleme zu beschreiben und Wege aufzeigen, wie eine Überforderung der Nutztiere verhindert werden kann. Als ein Beispiel wurden dazu die Wechselwirkungen zwischen leistungsorientierter Fütterung und chronischen Entzündungen bei Mastbullen untersucht.

Prof. Dr. J. Seifert  
                                          
Das Mikrobiom der Kuh - Einflüsse und Herausforderungen

Wiederkäuer können Grünfutter erst mit Hilfe von Mikroorganismen in ihrem Verdauungstrakt verwerten und als Energiequelle nutzen. Das Gleichgewicht des Mikrobioms kann jedoch bei der Geburt eines Kalbes und während des Säugens gestört werden – mit negativen Auswirkungen für die Gesundheit der Mutterkuh und die Milchproduktion. Ziel der Forschung ist es, besser zu verstehen, warum manche Tiere wesentlich besser mit diesen Herausforderungen umgehen können als andere.

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