Einen Kaffee mit… Dr. Katrin Scheffer und Werner Pfauth
Uni startet Tax-Compliance-Management [14.12.21]

Werner Pauth und Dr. Katrin Scheffer. Aufnahme vom 17.11.21. Bild: Uni Hohenheim
Damit die Uni ihre Steuererklärung vollständig, richtig und rechtzeitig abgeben kann, müssen eine Menge Personen aus unterschiedlichen Einrichtungen zusammenwirken. Wie Einnahmen im Einzelfall steuerrechtlich einzuordnen sind, ist zudem nicht immer trivial. Das gilt umso mehr, wenn am 1.1.2023 eine Umsatzsteuerreform für öffentliche Einrichtungen wirksam wird. Betroffen von den Änderungen sind vor allem Einrichtungen, die mit externen Partnern kooperieren. Die Uni Hohenheim nimmt die Steuerreform zum Anlass für die Einführung eines sog. Tax-Compliance-Management-Systems. Ziele dabei: Das Zusammenwirken aller Beteiligten optimieren, Hilfestellung leisten und Fehlerquellen minimieren. Gleichzeitig stellt sich die Uni klar gegen Steuerhinterziehung jeglicher Art und Größe. Kanzlerin Dr. Katrin Scheffer und Werner Pfauth von der Abteilung Wirtschaft und Finanzen berichten beim Kaffee mit dem Online-Kurier.
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Frau Scheffer, die Uni ist eine Landeseinrichtung – dennoch muss sie Steuern bezahlen. Wofür genau? Und warum?
Scheffer: Die Uni hat den Status einer juristischen Person des öffentlichen Rechts. Für alle Tätigkeiten, die unmittelbar mit unserem hoheitlichen Auftrag als Landeseinrichtung zu tun haben – also Forschung und Lehre – sind keine Steuern fällig.
Anders sieht es jedoch aus, wenn sich die Uni wirtschaftlich betätigt. Genau wie bei Unternehmen fallen dann Umsatzsteuern an. Diese machen den größten Anteil unserer Steuerlast aus. Derzeit ca. 600.000 € pro Jahr.
Ebenfalls ins Gewicht fällt für uns noch die Körperschaftssteuer, nämlich immer dann, wenn die Uni mit ihren wirtschaftlichen Tätigkeiten Gewinne erwirtschaftet. Hinzu kommen weitere Steuern von geringerem Umfang, z.B. Alkoholsteuer, Bauabzugssteuer, Energiesteuern, Kfz-Steuer, etc.
Auf den ersten Blick mag es so erscheinen, als würde die öffentliche Hand Geld von einer Tasche in die andere verschieben. Aber so einfach ist es nicht. Denn es geht letztlich darum, Wettbewerbsverzerrungen gegenüber privatwirtschaftlichen Unternehmen zu vermeiden.
Mehr Informationen |
Weitere Informationen zum Thema finden Sie im Intranet auf der Seite der Abteilung Wirtschaft & Finanzen unter der Rubrik "Steuern". Eine Infoveranstaltung zu Tax-Compliance und Umsatzsteuerreform ist für Anfang 2022 vorgesehen. Die Einladung erhalten Sie über Kurz-gemeldet. |
Herr Pfauth, welchen wirtschaftlichen Tätigkeiten geht die Uni denn nach?
Pfauth: Ein Beispiel im wissenschaftlichen Kontext ist die Auftragsforschung. Wenn Institute Geld von Unternehmen erhalten, um für sie einen bestimmten Sachverhalt zu erforschen, so sind diese Einnahmen umsatzsteuerpflichtig.
Gleiches gilt, wenn gesicherte Erkenntnisse im Sinn einer Dienstleistung angewendet werden – beispielsweise, wenn die Landesanstalt für Bienenkunde gegen Bezahlung Honiganalysen für Dritte durchführt. Beispiele aus anderen Bereichen wären z.B. die Einnahmen unserer Gästehäuser, in denen sich Gastwissenschaftler:innen für ihren Aufenthalt in Hohenheim einmieten können, oder Einnahmen aus den jährlichen Firmenkontaktmessen.
Man spricht hier von sogenannten „Betrieben gewerblicher Art“. Und genau diese Betriebe gewerblicher Art führen nach aktueller Rechtslage dazu, dass die Uni Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss.
Das ist allerdings nur der Status quo. Ab 2023 wird für öffentliche Einrichtungen eine Umsatzsteuerreform wirksam. Dann werden wir noch weitere Einnahmen versteuern müssen.
Steuerverpflichtungen nachzukommen sollte ja eigentlich selbstverständlich sein. Warum benötigt die Uni dafür ein Tax-Compliance-Management-System?
Scheffer: Die Universität ist eine komplexe Einrichtung. Viele Personen und Einrichtungen müssen zusammenwirken, damit wir unsere Steuererklärung vollständig, richtig und rechtzeitig abgeben können.
Eine Besonderheit, die uns als Uni z.B. von einem Unternehmen unterscheidet, ist die dezentrale Organisationsstruktur. Hintergrund ist die verfassungsrechtlich verankerte Wissenschaftsfreiheit. Fachgebiete verfügen deshalb über ein hohes Maß an Autonomie und Gestaltungsfreiheit in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben, z.B. bei der Ausgestaltung von Projekten und Kooperationen.
Steuern wiederum führen wir zentral als gesamte Universität ab. In der Haftung steht letztendlich der Rektor. Das macht die Angelegenheit kompliziert. Vor diesem Hintergrund hatte das Rektorat im Dezember 2020 die Einführung eines Tax-Compliance-Management-Systems für die Uni beschlossen.
Wir wollen damit das Zusammenwirken aller Beteiligten im Hinblick auf die steuerlichen Vorgaben optimieren und Fehlerquellen minimieren, also eine Art Qualitätsmanagement etablieren. All dies dient dazu, die Organe der Universität, aber auch die beteiligten Personen vor Schäden zu schützen.
Pfauth: Nicht zuletzt geht es auch um eine Compliance-Kultur. Die Uni macht ihr Selbstverständnis deutlich und hebt hervor, wie wichtig sie die Einhaltung von externen und internen Vorgaben durch alle Uniangehörigen generell einstuft. Bezüglich steuerlicher Sachverhalte wollen wir ein klares Zeichen nach innen wie nach außen setzen, dass sich die Uni Hohenheim aktiv gegen Steuerhinterziehung jedweder Art und Größenordnung positioniert.
Fehler sind natürlich trotz verschiedenartiger Präventions-, Unterstützungs- und Kontrollmaßnahmen auch in Zukunft nicht völlig auszuschließen. Aber wenn wir nachweisen können, dass wir alles tun, um sie zu vermeiden, werden Steuerbehörden z.B. bei einer Nachmeldung wegen eines Fehlers in einer Steuererklärung eher geneigt sein, uns zu glauben, dass es sich lediglich um eine reine Fehlerberichtigung handelt.
Ein konkreter Anlass, das Thema Tax Compliance jetzt in Angriff zu nehmen, war für das Rektorat die bereits erwähnte Umsatzsteuerreform. Dadurch werden einige Sachverhalte leider künftig ein wenig komplizierter. Das heißt: Entscheidungen, wie Einnahmen im Einzelfall steuerrechtlich einzuordnen sind, erfordern mehr Aufmerksamkeit.
Was müssen Beschäftigte über die Umsatzsteuerreform wissen?
Pfauth: Wir werden darüber seitens der Abteilung Wirtschaft und Finanzen noch umfassend informieren: Anfang 2022 unter anderem mit Informationsveranstaltungen, auf der Homepage und in persönlichen Beratungsgesprächen.
Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle vielleicht schon einmal Folgendes festhalten:
Durch die Umsatzsteuerreform ändert sich mit Wirkung ab dem 1.1.2023 die generelle steuerliche Betrachtungsweise: Bisher waren wir als juristische Person des öffentlichen Rechts grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit – nur bei Einnahmen aus den vorher genannten Betrieben gewerblicher Art musste sie abgeführt werden.
Künftig dreht sich der Spieß um: Wir sind grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, können aber in Ausnahmefällen eine Befreiung geltend machen, wenn es um unsere hoheitlichen Aufgaben geht, also Forschung und Lehre, und hierbei keine Wettbewerbsverzerrungen zu privatrechtlichen Anbietern auftreten können.
Unterm Strich werden wir deshalb künftig deutlich mehr Steuern bezahlen als heute.
Wen genau betreffen diese Änderungen?
Pfauth: Die gute Nachricht zuerst: Für die eingangs erwähnten Betriebe gewerblicher Art – von der Auftragsforschung bis zum Gästehaus – bleibt alles mehr oder weniger beim Alten.
Auf größere Änderungen müssen sich hingegen alle Einrichtungen einstellen, die Kooperationen mit externen Partnern durchführen. Das kann Forschung und Lehre betreffen, aber z.B. auch das KIM, wenn es etwa um gemeinschaftliche genutzte IT-Infrastruktur geht.
Drittmittel sind ab 1.1.2023 nur noch dann umsatzsteuerfrei, wenn sie ganz klar als sogenannter „echter Zuschuss“ des Geldgebers an die Universität Hohenheim definiert sind. Sobald eine Kooperation mit anderen Einrichtungen besteht und Fördergelder zwischen den Partnern weiterverteilt werden, könnten dafür künftig Umsatzsteuern anfallen. Entscheidend dafür ist im Einzelfall, wie genau der Kooperationsvertrag aufgesetzt wurde.
Potenziell können davon auch schon laufende Kooperationsprojekte betroffen sein, wenn sie über den 31.12.2022 hinausgehen.
Kooperationen sind für die Wissenschaft essentiell. Viele Forschende wünschen sich, dass bürokratische Hürden dafür abgebaut werden. Die Umsatzsteuerreform scheint diesem Ziel jedoch entgegenzulaufen…
Scheffer: Ja, deshalb ist die Umsatzsteuerreform auch ein sehr politisches Thema. Sämtliche Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland haben sich daher intensiv mit der Umsatzsteuerreform befasst und versucht, weitere Anpassungen im Sinne der Wissenschaft zu erreichen. Die Diskussionen mit den Finanzministerien und der Finanzverwaltung werden weiter fortgesetzt, aber es zeichnet sich ab, dass es wohl keine ganz grundsätzlichen Änderungen mehr geben wird.
Daher ist es an der Zeit, einerseits die Umsetzung der bevorstehenden Änderungen in Hohenheim vorzubereiten und andererseits mit unseren Kooperationspartnern gemeinsam die künftigen Verfahren abzustimmen. Dazu gibt es auch bereits landesweite Arbeitskreise, an denen wir als Uni Hohenheim und auch das Wissenschaftsministerium beteiligt sind.
Wie sehen die nächsten Schritte an der Uni Hohenheim aus?
Pfauth: Wir werden uns in den kommenden Wochen u.a. mit fachlichen Fragestellungen und Informationen an die Uni-Einrichtungen wenden, die uns und den verantwortlichen Personen dort helfen, zu analysieren, welche Einkünfte künftig wie zu versteuern sind.
Eine allgemeine Infoveranstaltung zu Tax-Compliance und zur Umsatzsteuerreform ist für Anfang 2022 vorgesehen. Hierzu laden wir über Kurz-gemeldet ein. Auch auf der Homepage der Abteilung Wirtschaft und Finanzen haben wir bereits Informationen zum Thema ergänzt.
Wir möchten gerne mit allen Uni-Einrichtungen ins Gespräch kommen und diese bestmöglich unterstützen. Deshalb stehen wir auch über die geplanten Informationsangebote hinaus jederzeit für Rückfragen und Beratung bereit.
Wir werden berichten, vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Leonhardmair