Biointelligente Verpackungen mit smarter Logistik  [01.03.24]

Landwirtschaftliche Reststoffe werden zu biointelligenten Verpackungen: Das haben sich die Forschenden im europäischen Verbundprojekt QuiPack unter Leitung der Universität Hohenheim zum Ziel gesetzt. Dabei setzen sie nicht nur auf eine kreislauforientierte Herstellung der Produkte, sondern auch auf Lieferkettenprozesse mit digitaler Unterstützung. Im Fokus steht das Mittelmeergebiet, wo aufgrund des Klimas Lebensmittel besonders leicht verderben. Das Vorhaben mit 15 beteiligten Organisationen wird mit insgesamt etwas mehr als zwei Mio. Euro im Rahmen der Förderinitiative Partnership for Research & Innovation in the Mediterranean Area (PRIMA) gefördert, wovon die Hohenheimer Fachgebiete Physiologie der Ertragsstabilität und Pflanzliche Lebensmittel sowie das Forschungszentrum für Gesundheitswissenschaften – One Health an der Universität Hohenheim zusammen rund 435.000 Euro erhalten.


Der schädliche Befall von Lebensmitteln durch Mikroorganismen wie Bakterien oder Schimmelpilze kann nicht nur eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen, sondern auch die Haltbarkeit von Lebensmitteln verkürzen. Diese Lebensmittel müssen verworfen werden, was im Mittelmeerraum aufgrund des Klimas besonders rasch geschehen kann. Verpackungen schützen vor Verunreinigungen und bewahren so die Frische der Lebensmittel, verlängern ihre Haltbarkeit und ermöglichen eine langfristige Lagerung.

Doch auch die Besorgnis über die Auswirkungen von Verpackungen auf die Umwelt wächst. Zunehmend ersetzen natürliche Verbindungen die synthetischen Materialien, um bioaktive und nachhaltige Verpackungen herzustellen. Diese geben beispielsweise kontrolliert antimikrobielle Substanzen ab, schützen die Lebensmittel vor UV-Strahlung oder verfügen über Biosensoren, die die aktuelle Qualität des verpackten Produktes erfassen. Zudem sind diese biobasierten Verpackungsmaterialien erneuerbar sowie biologisch abbaubar. Eigenschaften wie Oberfläche oder Textur können leicht auf die Erfordernisse angepasst werden.

Im Verbundprojekt QuiPack unter Leitung von Jun.-Prof. Dr. Sandra Schmöckel von der Universität Hohenheim verfolgen die Forschenden einen ganzheitlichen, integrativen Ansatz, um solche funktionalen Verpackungen zu entwickeln und Prototypen im Alltag zu testen. Ausgangsmaterial sind Nebenprodukte und Abfallströme aus der Landwirtschaft und der Aquakultur.

Dabei bauen die Forschenden in Hohenheim auf den vorläufigen Ergebnissen des ebenfalls von der Förderinitiative PRIMA geförderten Quinoa4Med-Projekts auf, das sich mit dem Anbau und der ganzheitlichen Verwertung von Quinoa (Chenopodium quinoa) auf landwirtschaftlich eher unrentablen Flächen im Mittelmeerraum beschäftigt. So können aus bisher meist ungenutzten Blättern und Stängeln der Pflanzen Zellulosefasern gewonnen werden - ein biologisch abbaubares Material mit geringen Umweltauswirkungen und hervorragenden mechanischen Eigenschaften für Kartonagen und Papierverpackungen. Funktionalisiert mit potenziell antimikrobiellen Verbindungen (z. B. Saponinen aus den Quinoaspelzen, oder Flavonoiden und phenolischen Verbindungen aus dem Abfall der fruchtverarbeitenden Industrie) verlängern diese Verpackungen die Haltbarkeit der Lebensmittel.

Abfälle bzw. Nebenströme aus der Aquakultur und der Produktion von Meeresfrüchten sind reich an Chitosan. Daraus entwickeln die Forschenden Folien und Beschichtungen für Verpackungen, die nicht nur einen antimikrobiellen Schutz erzeugen, sondern auch nur wenig Wasser und Sauerstoff durchlassen und sich daher gut für verderbliche Lebensmittel eignen. Auf Chitosanbasis lassen sich zudem umweltfreundliche Sensoren entwickeln, die in antibakterielle und batterielose Etiketten mit Radiofrequenz-Identifikationstechnologie (RFID) integriert werden. Sie messen beispielsweise Temperatur, Feuchtigkeit und UV-Belastung des jeweiligen Produktes und leiten die Daten an eine Erfassungsstelle weiter, so dass der Zustand der Lebensmittel über die gesamte Lieferkette erfasst werden kann.

Projekt-Steckbrief

  • Titel: Food value chain intelligence and integrative design for the development and implementation of innovative food packaging according to bioeconomic sustainability criteria – QuiPack
  • Fördersumme: insgesamt 2.084.031 Euro, davon für die Universität Hohenheim 436.808 Euro
  • Förderinstitutionen: Landesministerien aus 9 Ländern der Förderinitiative PRIMA (Partnership for Research and Innovation in the Mediterranean Area); die deutschen Beteiligten werden durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
  • Projektdauer: 1.6.2024 –31.5.2027
  • Beteiligte: interdisziplinäres Konsortium aus Wissenschaft und Unternehmen aus EU und Mittelmeerländern unter Leitung von Prof. Dr. Sandra Schmöckel, Universität Hohenheim

Kontakt
Prof. Dr. Sandra Schmöckel, Universität Hohenheim, Fachgebiet Physiologie der Ertragsstabilität
+49 711 459 23806, sandra.schmoeckel@uni-hohenheim.de

Prof. Dr.-Ing. Mario Jekle, Universität Hohenheim, Fachgebiet Pflanzliche Lebensmittel
+49 711 459 22314, mario.jekle@uni-hohenheim.de

Dr. Irene Huber, Universität Hohenheim, Forschungszentrum für Gesundheitswissenschaften – One Health
+49 711 459 24615, irene.huber@uni-hohenheim.de

Schwergewichte der Forschung

Als „Schwergewichte der Forschung“ gelten herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 350.000 Euro bei den Experimental- bzw. 150.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.


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