Biokohle und mehr: Mobile Anlage wandelt Reststoffe um  [05.12.23]

Eine mobile Anlage macht’s möglich. Die Ausgangsstoffe: Biomasse aus der Land- und Forstwirtschaft. Die Endprodukte: Biokohle zur Bodenverbesserung, biologische Pflanzenschutzmittel und erneuerbare Energieträger. Das ist Kreislaufwirtschaft, betrieben mit Solarenergie. An einem derartigen dezentralen System arbeiten Forschende im europäischen Verbundprojekt PYRAGRAF. Die European Climate, Infrastructure and Environment Executive Agency (CINEA) fördert das Vorhaben mit rund sechs Millionen Euro. Davon erhält das Fachgebiet Konversionstechnologien nachwachsender Rohstoffe unter der Leitung von Prof. Dr. Andrea Kruse an der Universität Hohenheim fast eine halbe Million Euro.


Den CO2-Fußabdruck in Land- und Forstwirtschaft verringern und gleichzeitig die Bodenqualität und die Artenvielfalt steigern – das ist das Ziel der Forschenden im europäischen Verbundprojekt PYRAGRAF. Dazu wollen sie mithilfe konzentrierter Solarenergie Biomasse in wertvolle Ressourcen umwandeln. Ermöglichen soll dies ein mobiles Komplettsystem, das dezentral eingesetzt und eine möglichst weitgefächerte Bandbreite an land- und forstwirtschaftlichen Rückständen und Abfallstoffen verwerten kann. Kernstück der Anlage ist ein Pyrolyse-Reaktor, der mit einem Solarenergie-betriebenen Vergasungsbrenner und einem Biomasse-Trockner gekoppelt wird.

Bei der Pyrolyse wird Biomasse bei hohen Temperaturen und weitgehend unter Ausschluss von Sauerstoff in hochwertige Produkte umgewandelt. Der Schwerpunkt des Vorhabens liegt auf der Produktion von Biokohle und Holzessig. Biokohle gilt als vielversprechender Bodenverbesserer, der CO2 binden, einer Verschlechterung der Bodenqualität entgegenwirken und so helfen kann, die landwirtschaftlichen Erträge zu verbessern. Ähnliches gilt für Holzessig, einem Nebenprodukt der Pyrolyse, der als biologisches Pflanzenschutzmittel interessante Eigenschaften aufweist. Ziel von PYRAGRAF ist es, die Vielfalt der verwendeten Materialien und technologischen Ansätze zu erhöhen, um Biokohle und Holzessig verstärkt als Düngemittel und biologisches Pflanzenschutzmittel vermarkten zu können.

Darüber hinaus beschäftigen sich die Forschenden mit erneuerbaren Energieträgern wie veredeltem Pyrolysegas und Bioöl. Diese Produkte lassen sich als Biokraftstoff für verschiedene landwirtschaftliche Zwecke einsetzen: Beide können in Dual-Fuel-Motoren verwendet werden, Prolysegas zusätzlich in Brennstoffzellen. Sie tragen so dazu bei, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen sowie die Emissionen von Treibhausgasen zu reduzieren, und fördern gleichzeitig die ländliche Entwicklung.

Für den Praxistest wurden Portugal, Deutschland und die Türkei als Pilotregionen mit unterschiedlichen klimatischen Bedingungen und Bodeneigenschaften ausgewählt. Dort testen die Forschenden in Feldversuchen mit lokalen Akteuren den Betrieb der mobilen Pyrolyse-Einheit – für innovative Lösungen, die angesichts der wegen des Klimawandels fortschreitenden Verschlechterung der Boden- und Wasserqualität dringend benötigt werden.


Projekt-Steckbrief

  • Projekttitel: Decentralized pyrolytic conversion of agriculture and forestry wastes towards local circular value chains and sustainability – PYRAGRAF
  • Fördersumme: 6.128.225 Euro insgesamt, davon 492.375 Euro für die Universität Hohenheim
  • Förderinstitution: European Climate, Infrastructure and Environment Executive Agency (CINEA)
  • Projektdauer: 1.7.2023 – 30.6.2027
  • Projektbeteiligte: Instituto Politécnico de Portalegre (IPP), Portugal (Koordination), Projektkonsortium mit 20 Beteiligten (Universitäten, Nichtregierungsorganisationen, privaten und industriellen Partner:innen sowie einer Gemeinde) aus 7 Ländern (Portugal, Deutschland, Türkei, Polen, Schweden, Dänemark und Italien)
  • Projektwebsite


Kontakt
Prof. Dr. Andrea Kruse, Universität Hohenheim, Fachgebiet Konversionstechnologien nachwachsender Rohstoffe
+49 (0)711 459-24700, Andrea_Kruse@uni-hohenheim.de


Schwergewichte der Forschung

Als „Schwergewichte der Forschung“ gelten herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 350.000 Euro bei den Experimental- bzw. 150.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.


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