ZEIT-Dossier „Vitamin G! Wie Gier“:
Universität Hohenheim sieht außerplanmäßige Professoren als Bereicherung  [22.04.16]

Universität Hohenheim nennt unveröffentlichte Hintergründe zu den Aussagen im ZEIT-Artikel über künstliche Vitamine vom 21. April 2016

Die Universität Hohenheim beschäftige einen außerplanmäßigen Professor, dessen Gehalt nicht von der Uni, sondern von der Firma DSM finanziert wird. Dadurch spare die Universität reguläres Lehrpersonal – so lautet zusammengefasst die Aussage eines aktuellen Artikels in der Wochenzeitung DIE ZEIT. Tatsächlich sind an der Universität Hohenheim insgesamt 49 außerplanmäßige (apl.) Professoren tätig. 25 davon sind hauptberuflich außerhalb der Universität tätig. Der Titel beschreibt einen Ehrentitel für Privatdozenten mit deutlich überdurchschnittlicher wissenschaftlicher Qualifikation. Teil der Auszeichnung ist die Verpflichtung, Lehre im Umfang von zwei Semesterwochenstunden abzuhalten. Vor allem die externen apl. Professoren lehren meist Spezialgebiete und können wertvolle Blicke aus der Praxis einbringen. Die Universität Hohenheim sieht ihre apl. Professoren als verdienstvolle Personengruppe und wertvolle Bereicherung an. Details zur Verleihung des Ehrentitels regeln das Landeshochschulgesetz und die entsprechende Richtlinie des Senates vom 11.11.2015.


„Außerplanmäßige Professoren sind keine seltene Besonderheit, sondern fester Bestandteil des akademischen Systems. So auch an der Universität Hohenheim“, erklärt deren Rektor, Prof. Dr. Stephan Dabbert.

Anlass für diese Feststellung ist ein Artikel in der heutigen Ausgabe der ZEIT (Nr. 18 vom 21. April 2016). In ihrem Dossier „Vitamin G! Wie Gier“ beschäftigt sich eine Autorengruppe mit der industriellen Produktion von Vitaminen, ihrer wissenschaftlichen Bewertung und dem Chemieunternehmen DSM. Das holländische Unternehmen gilt als Branchengröße bei der Produktion künstlicher Vitamine.


Vorwurf der „bezahlten Professoren“

In ihrem Artikel schreiben die Autoren, die Universität Hohenheim beschäftige einen außerplanmäßigen Professor, dessen Gehalt „nicht von der Uni finanziert“ werde, sondern von der Firma DSM. „Dadurch spart die Universität reguläres Lehrpersonal“, so die ZEIT-Autoren. Ein weiterer Aussage des Artikels: Die DSM habe „ein ganzes Netz von Fachleuten an Universitäten platziert“.

Außerdem kritisiert der Text, der Hohenheimer Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Hans Konraf Biesalski verbreite „plausible“, aber „unbelegte Theorien“ zum Phänomen des Hidden Hungers. Details zu diesem Thema – z..B. dass sich Vitaminmangel durch ausgewogene Ernährung vermeiden lässt und was es mit dem Hidden Hunger auf sich hat – erläutert Prof. Dr. Biesalski in einer separaten Presseerklärung der Universität Hohenheim.


Außerplanmäßige Professoren sind weit verbreitetes Phänomen

„Der Vorwurf, die Universität spare Geld und lasse sich das Lehrpersonal von der Industrie stellen, wiegt für mich zu schwer, um ihn unwidersprochen im Raum stehen lassen will“, kommentiert Rektor Prof. Dr. Dabbert.

Bundesweit gibt es apl. Professoren an vielen Universitäten. Dabei handelt es sich um habilitierte Wissenschaftler, die sich darüber hinaus wissenschaftlich besonders ausgezeichnet haben. Der Ehrentitel verpflichtet seinen Inhaber, 2 Semesterwochenstunden zu lehren – das entspricht weniger als einem Viertel der Lehrverpflichtung, die reguläre Professoren neben Forschung und Abschlussbetreuung zu leisten haben.


Die Hälfte der apl. Professoren sind nicht an der Universität angestellt

Auch die Universität Hohenheim schätzt ihre apl. Professoren als verdienstvolle Wissenschaftler. 24 ihrer 49 apl. Professoren der Universität sind als wissenschaftliche Mitarbeiter in Hohenheim angestellt. 25 haben hauptberuflich einen externen Arbeitgeber.

„Viele unserer vielversprechenden Nachwuchswissenschaftler gehen in die Industrie. Das ist auch so gewollt, weil es an öffentlichen Forschungseinrichtungen gar nicht genug Wissenschaftlerstellen gibt. Seitens der Politik werden wir auch wiederholt aufgefordert, den Nachwuchs bei der Suche nach solchen Karrierewegen zu unterstützen“, berichtet der Rektor.

Dabei handele es sich oft um ausgesprochen gute Fachleute. „Umso mehr freut es uns, wenn wir diese Fachleute nicht völlig verlieren, sondern in Kontakt bleiben. Auch für die Studierenden ist es wertvoll, wenn wir neben den hauptamtlichen Professoren auch wissenschaftlich hochqualifizierte Praktiker in die Lehre einbinden.“


Verbindungen zur Universität sind älter als die zur Firma DSM

Bei dem konkreten Fall, den DIE ZEIT nennt, handele es sich um einen Mitarbeiter, der die übliche akademische Laufbahn durchlaufen habe, am Universitätsklinikum Mainz promovierte, lehrte und hauptberuflich in die Industrie gewechselt sei. 1997 habe der Mediziner und Ernährungswissenschaftler an der Universität Hohenheim habilitiert und seither kontinuierlich zwei Semesterwochenstunden übernommen. 2006 habe die Universität ihm dann den Titel des außerplanmäßigen Professors verliehen.

„Unsere Beziehungen und die Lehrtätigkeit des kritisierten Wissenschaftlers sind damit älter als seine Mitarbeit bei dem Chemie-Unternehmen DSM“, sagt der Rektor. Aus seiner jetzigen Tätigkeit habe der apl. Professor auch kein Geheimnis gemacht.


Kein Anhaltspunkt für tendenziöse Lehre

Auf Rückfrage der Universität versicherte der Wissenschaftler außerdem, sein Arbeitgeber habe ihn weder aufgefordert, in Hohenheim zu lehren, noch habe er ihm dafür Vergünstigungen gewährt, wie z.B. Fahrtkosten zu erstattet oder die ehrenamtliche Nebentätigkeit als Dienstzeit anzurechnen.

Für die Universität Hohenheim ergibt sich daher kein Anhaltspunkt, an der wissenschaftlichen Integrität des Wissenschaftlers zu zweifeln. Das deckt sich auch mit den Erfahrungen der Fakultät Naturwissenschaften.

Text: Klebs


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