Kommunikation von Autoherstellern:
Produktbeschreibungen von Volvo auf Platz 1 für Verständlichkeit  [15.09.15]

Universität Hohenheim beteiligt an neuer Kommunikationsstudie: Automobil-Hersteller schreiben oft nur schwer verständliche Produktbeschreibungen

Lange Sätze, Anglizismen, Wort-Ungetüme – nicht immer präsentieren sich die Anbieter aus der Automobil-Branche ihren Kunden verständlich. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der Universität Hohenheim, H&H Communication Lab und Iskander Business Partner. Produktbeschreibungen zur Car Connectivity lassen einiges zu wünschen übrig. Nur die E-Mail-Kommunikation schneide insgesamt sehr verständlich ab, berichtet Prof. Dr. Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim.

 

Drei typische Textsorten in der Kundenkommunikation von Unternehmen analysiert eine aktuelle Studie auf Verständlichkeit: Produktbeschreibungen, FAQs und E-Mails. Kommunikationswissenschaftler der Universität Hohenheim und ihre Kooperationspartner untersuchten die Texte von 14 Unternehmen mit der Sprach-Software TextLab auf ihre formale Verständlichkeit.

Bewertet haben die Forscher sie mit dem Hohenheimer Verständlichkeits-Index. Auf einer Skala von 0 (sehr schwer verständlich) bis 20 (sehr leicht verständlich) misst dieser Index die Verständlichkeit. Wichtige Kriterien sind unter anderem: kurze Sätze, aktiver Sprachstil oder Vermeidung von Anglizismen und langen, zusammengesetzten Begriffen.

 

Größte Bandbreite bei Produktbeschreibungen zur Car Connectivity

Produktbeschreibungen weisen die größte Bandbreite an Verständlichkeits-Werten auf: Den ersten Platz erzielt Volvo, auf dem letzten Platz findet sich Audi. Mit 18,5 Punkten liegt der Spitzenreiter fast 14 Punkte vor dem Letzten mit 4,7 Punkten. Im Durchschnitt erreichen die Produktbeschreibungen 8,8 Punkte und verpassen damit deutlich den Zielwert von 16 Punkten.

„Offenbar sehen einige Unternehmen Produktbeschreibungen immer noch nicht als wichtigen Teil ihres Produkts an“, kommentiert Prof. Dr. Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim das Ergebnis. „Unverständliche Produktbeschreibungen können bei Verbraucherinnen und Verbrauchern aber Frustrationen auslösen“, sagt der Experte.

 

Den zweitbesten Verständlichkeitswert der Studie erzielt eine E-Mail von VW

Am verständlichsten sind die E-Mails. Um die E-Mail-Kommunikation zu testen, wurden an die Unternehmen über ein Online-Formular typische Kunden-Anfragen geschickt. Im Schnitt erzielen die E-Mail-Antworten 14,3 Punkte. Den besten Verständlichkeits-Wert erzielt die E-Mail-Antwort von VW mit 18,1 Punkten (sehr verständlich).

Aufschlussreich sind nicht nur die Ergebnisse zur Verständlichkeit, sondern auch zur allgemeinen Kundenorientierung. Verbesserungsbedarf besteht noch bei den Reaktionszeiten einiger Unternehmen: So antwortete ein Unternehmen im Untersuchungszeitraum auf die Frage gar nicht. Am schnellsten geantwortet haben Audi, Dacia und Fiat. Bei manchen Unternehmen ging die Antwort an der Frage vorbei. Besonders positiv fiel die Bewertung für Fiat, Hyundai und Nissan aus.

Die besten FAQs liegen bei 14,9 Punkten und stammen von Audi. Durchschnittlich sind die FAQs mit 11,3 Punkten etwas verständlicher als die Produktbeschreibungen.

 

Barrieren der Verständlichkeit sind Mammut-Sätze und Wort-Ungetüme

Ein generelles Problem erklärt Ben Hagelauer von Iskander Business Partner: „Durch die Ausweitung der Modellpaletten insbesondere der großen Hersteller und die zunehmende Vielfalt an digitalen Features wird Kundenkommunikation nicht leichter.“

Häufig werden Texte mit Mammut-Sätzen und Wort-Ungetümen gespickt. Beispiele nennt Oliver Haug vom Communication Lab: „Produktbeschreibungen voll mit Wörtern wie Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsbeiträge strengen an und machen nicht gerade Lust auf mehr. Kommen dazu noch endlose Sätze und Anglizismen, verabschiedet sich der Leser schnell.“

Wie zum Beispiel bei dem folgenden Satz:

„Außerdem ist das Abspielen von Musik auf der Headunit via Bluetooth Audiostreaming möglich, wenn das Mobiltelefon ein Bluetooth fähiges Gerät mit A2DP-Standard ist.“

Auch komplexe Sachverhalte ließen sich verständlich kommunizieren, wenn bestimmte Regeln eingehalten würden, sagt Oliver Haug. Und Prof. Dr. Frank Brettschneider ergänzt: „Eine verständliche Sprache ist kein Luxus, den sich Unternehmen leisten, wenn sie sonst nichts zu tun haben. Produkte können noch so gut sein – wenn sie sprachlich nicht passend vermittelt werden, bleibt viel Potenzial auf der Strecke.“

 

Hintergrund: Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim

Der Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft, insbesondere Kommunikationstheorie, untersucht die Verständlichkeit der Kommunikation von Parteien, Unternehmen und Massenmedien. In zahlreichen Studien wurde die formale Verständlichkeit von Wahlprogrammen, Pressemitteilungen, Kundenkommunikation, Produktinformationsblättern (PIB), CEO-Reden, Mitarbeiterzeitschriften, Broschüren, Homepage-Texten und Medienberichterstattung analysiert. Der Lehrstuhl untersucht auch die häufigsten Verständlichkeitshürden sowie die Wirkung unverständlicher Kommunikation auf die Adressaten der Kommunikation.

Die nun veröffentlichte Studie ist in Zusammenarbeit mit H&H Communication Lab GmbH und Iskander Business Partner entstanden. Die H&H Communication Lab GmbH ist ein inhabergeführtes Institut für Verständlichkeit und entwickelt seit 2006 Lösungen zur Verbesserung der Kommunikation von Unternehmen. Die Iskander Business Partner GmbH wurde 2005 gegründet und ist eine internationale Unternehmensberatung mit dem Fokus auf Marketing, Vertrieb und CRM sowie Customer Service.

Text: Elsner / Töpfer

Kontakt für Medien:

Prof. Dr. Frank Brettschneider, Universität Hohenheim, Fachgebiet Kommunikationswissenschaft insbesondere Kommunikationstheorie, Tel.: 0711/459-24030, E-Mail: frank.brettschneider@uni-hohenheim.de


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