1933 – 1945: Hohenheim in der NS-Zeit

Die wissenschaftliche Aufarbeitung der NS-Zeit und ihrer Folgen in Hohenheim war von 2015-2018 Gegenstand des Projektes Hohenheim und der Nationalsozialismus, bei dem die unabhängige Historikerin Dr. Anja Waller sowohl die Zeit von 1933 – 45 wie auch die Folgen des Nationalsozialismus bis weit in die Nachkriegszeit hinein untersuchte.

1933: Die Gleichschaltung der Hochschule

NS-Regierung installiert neuen Rektor und „Führer" der Landwirtschaftlichen Hochschule.

Die nationalsozialistische Gleichschaltung beginnt in Hohenheim spätestens am 2. Mai 1933 mit der Einführung Percy Brigls als erstem Rektor unter nationalsozialistischer Herrschaft. Schon in den 1920er Jahren ist die Stimmung in Hohenheim vorwiegend konservativ-nationalistisch. Der Anteil jüdischer Studenten ist gering, Studentenverbindung aus dem linken oder republikanischen Spektrum existieren keine. Dementsprechend niedrig ist die Zahl der Hochschulangehörigen, die in den 30er Jahren aus der Hochschule gedrängt werden.

Zwar ist die Hochschule die letzte im Kreis Stuttgart, an der der NS-Studentenbund Fuß fasst. Dafür treten bei der Gründung gleich 16 Mitglieder ein. Angesichts von nur 117 Studenten eine Quote von 14 % – dreimal so viele, wie der Durchschnittswert von 4 Prozent an den Hochschulen im Deutschen Reich.

In der Folgezeit ebnen vor allem Parteibücher den Weg zu wissenschaftlichen Karrieren.

Hohenheimer Rektoren und der Nationalsozialismus

1939: Zweiter Weltkrieg

Die Bedeutung der Hohenheimer Agrarwissenschaften steigt mit dem deutschen Eroberungskrieg im Osten. Gleichzeitig werden immer mehr Studenten an die Front abgerufen.

Mit dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen ändert sich auch die Studiensituation in Hohenheim. Für viele der Studenten beginnt eine Zeit zwischen Front und Hörsaal, oftmals reisen sie nur noch für die akademischen Prüfungen zurück an ihre Hochschule. Auf Karten markieren die Studierenden den Frontverlauf und halten Gemeinschaftsabende ab, auf welchen aus der Feldpost ihrer „Kameraden“ vorgelesen wird. Für kurze Zeit steigt in Hohenheim der Anteil der Studentinnen.

1940: Zwangsarbeit in Hohenheim

Rund 250 Menschen werden ab 1940 zur Zwangsarbeit nach Hohenheim verschleppt.

Sie arbeiten in der Landwirtschaft, an den Instituten oder auch in den Privathaushalten der Dozenten. Zur Erinnerung an die Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter und alle Menschen, die an und durch die damalige landwirtschaftliche Hochschule Hohenheim zu Zeiten des Nationalsozialismus Unrecht erlitten, enthüllt der Rektor der Universität Hohenheim am 12. November 2018 eine Erinnerungs-Skulptur auf dem Hohenheimer Friedhof. Zwei weitere Gedenksteine markieren dort die Gräber von Isabella Sikorska und Peter Ralintschenko, die während der Zwangsarbeit in Hohenheim zu Tode kamen.

Zu den Erinnerungspunkten

1944: Bombenangriffe

Die Landessaatzuchtanstalt und das Molkereigebäude werden 1944 bei Bombenangriffen stark beschädigt und Teile zerstört.

Auch darüber hinaus verändert der Krieg den Campus. So wird im Mittelbau des Hohenheimer Schlosses ein Militärlazarett eingerichtet. Die Gräber der dort verstorbenen Soldaten finden sich zum Teil noch heute auf dem Hohenheimer Friedhof.

1945: Schließung der Hochschule

Die Hochschule muss auf Anordnung der Siegermächte nur kurzzeitig geschlossen werden. Ein wirklicher Neuanfang und eine intensive Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus bleiben jedoch aus.

Bereits im Dezember 1945 kann der Lehrbetrieb in Hohenheim wiederaufgenommen werden. Mit der Wiedereröffnung am 3. Januar 1946 wird auch die Verfassung von 1922 wieder in Kraft gesetzt.

Ein wirklicher Neuanfang und eine intensive Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus bleiben jedoch aus.

Das Verdrängen gipfelt schließlich in der Personalie von Prof. Dr. Günther Franz, bekennender Nationalsozialist und SS-Offizier. 1957 wird der Agrarhistoriker nach Hohenheim berufen. Von 1963 bis 1967 ist er sogar als Rektor tätig.

Mehr über die Geschichte Hohenheims der Jahre:

1100 - 1799 | 1800 - 1932 | 1933 - 1945 | 1946 - 1999 | seit 2000

Kontakt

Universitätsarchiv (786)
Dr. Regina Wick (Leitung)

Schloss Hohenheim
Speisemeistereiflügel
70599 Stuttgart

 

Telefon
+49 (0)711 459 22119

E-Mail

 

Öffnungszeiten Archiv
Mo - Do: 9:00 - 13:00 Uhr
Fr: 9:00 - 12:15 Uhr