Schätze der Sammlungen

Der Separator  [08.12.16]

Von der Salatschleuder bis zum medizinischen High-Tech-Laborgerät: Zentrifugen sind heute aus keinem Haushalt, Labor oder Industriebetrieb mehr wegzudenken. Das Gerät zur Trennung verschiedener Stoffe hat jedoch einen ganz bescheidenen Ursprung: Die Milchverarbeitung. Der Separator der Firma Alfa Laval aus dem Jahr 1926 zeigt beispielhaft, wie rapide sich die Milchindustrie in den letzten 200 Jahren verändert hat.

Rund um das Thema Milchverarbeitung finden sich Exponate im Deutschen Landwirtschaftsmuseum - auch der Separator der Firma Alfa Laval. | Bildquelle: Universität Hohenheim / Angelika Emmerling.


Rasant: Aus 50 - 60 Umdrehungen pro Minute mit der leicht zu bedienenden Handkurbel werden über 3.000 Umdrehungen im Inneren des „Colibri 3“-Milchseparators. Dabei entstehen Fliehkräfte und trennen die Milch in ihre Bestandteile: Rahm und Magermilch.

Davor hat jahrhundertelang die Schwerkraft diese Aufgabe erledigt: Nach dem Melken gießen die Bauern die Milch in Teller, Schüsseln oder flache Wannen, sogenannte Milchsetten. Wenn sich der Rahm aufgrund seiner geringeren Dichte an der Oberfläche abgesetzt hat, kann man ihn bequem abschöpfen und weiterverarbeiten.

Diese Technik hat allerdings ihre Schwächen, erklärt Frank Emmerich vom Deutschen Landwirtschaftsmuseum: „Die Milch steht bis zu zwei Tage lang ungekühlt in der offenen Wanne. Das ist nicht nur zeitaufwendig, sondern auch nicht unbedingt hygienisch.“

Das Deutsche Landwirtschaftsmuseum

Das Deutsche Landwirtschaftsmuseum (DLM) zeigt auf 5.700 m² überdachter Ausstellungsfläche liebevoll restaurierte Landmaschinen, die Agrargeschichte geschrieben haben. Die Besucher erleben den Wandel der landwirtschaftlichen Produktion und erfahren die Auswirkungen der technischen Innovationen auf die Arbeitsbedingungen der Bauern. Die Exponate zeigen die Entwicklung vom einfachen ackerbaulichen Gerät bis hin zur modernsten Agrartechnik.

Deutsches Landwirtschaftsmuseum, Universität Hohenheim, Filderhauptstraße 79 und Garbenstraße 9a, 70599 Stuttgart (Hohenheim),
T 0711 459-22146, E info@dlm-hohenheim.de.

Öffnungszeiten, Eintrittspreise und Führungen unter www.dlm-hohenheim.de


Kühe geben mehr Milch

Hinzu kommt, dass im Laufe des 19. Jahrhunderts die Milchproduktion allmählich gesteigert wurde: Zwischen den Jahren 1800 und 1900 hat sich die jährliche Milchproduktion einer Kuh mehr als verdoppelt. Heute gibt eine Milchkuh pro Jahr bis zu 10.000 kg Milch – das ist mehr als dreimal so viel wie Anfang des 20. Jahrhunderts. 

Emmerich betont wie umfassend sich die Milchgewinnung in diesem Zeitraum verändert hat: „Milch fällt nun nicht mehr nur als Nebenprodukt an, das die Bauern für den Privatgebrauch oder als Nebeneinkommen verarbeiten. Sie wird zunehmend im großen Stil für die Milchindustrie produziert und verarbeitet – es fehlt jedoch anfangs eine einfache, schnelle Methode zur Milchentrahmung.“

Erfindergeist bringt Milch und Zentrifugalkraft zusammen

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts erkennen verschiedene Tüftler diesen Bedarf und entwerfen Maschinen, die mit Zentrifugalkraft Rahm und Magermilch voneinander trennen. 1876 erfindet Wilhelm Lefeldt mit der Milchschleuder die erste praktisch angewendete Zentrifuge.

Der schwedische Ingenieur Gustaf de Laval greift dieses Prinzip auf, macht es markttauglich und entwickelt es beständig weiter, zum Beispiel indem er sogenannte Teller einbaut.  Emmerich erklärt deren Funktion: „Die flachen runden Scheiben unterhalb der Einfüllschale unterstützen den Trennprozess, indem sie die schwere Magermilch nach außen leiten, während die leichteren Fettkügelchen des Rahms im Inneren der Zentrifuge nach oben gedrückt werden.“

Vom Kuhstall in die ganze Welt

Der Separator war ein voller Erfolg, so Emmerich: „Bis nach dem 2. Weltkrieg hielt jeder landwirtschaftliche Betrieb Kühe, als Arbeitstier und für Milch und Fleisch. Ein Großteil der Betriebe dürfte eine Zentrifuge wie den Separator gehabt haben, um die eigene Milch direkt zu verarbeiten. Erst als Traktoren die Rinder als Zugtiere ersetzten, wurde die Milchwirtschaft diesen Veränderungen angepasst.“

Das Prinzip des Separators hat seinen Siegeszug derweil in die verschiedensten Bereiche fortgesetzt: Zentrifugalkraft steckt hinter Haushaltsgeräten wie Salatschleuder und Wäschetrommel. Mit Zentrifugen reinigt man Metallteile, gewinnt Honig und Olivenöl und trennt Blut vom Blutplasma. Astronauten trainieren anhand der Fliehkraft für die Schwerelosigkeit. Und nach wie vor trennen Zentrifugen die Milch vom Rahm.

Text: Barsch / Klebs

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